Bayern veröffentlicht Agrar-HilfenEU will Milchbauern wegen der niedrigen Erzeugerpreise länger unterstützen

Berlin. Bayern hat seinen Widerstand gegen die Offenlegung der Empfänger von EU-Agrarzahlungen aufgegeben. Nach massiven Strafdrohungen aus Brüssel sagte Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) gestern in München zu, die Zahlungen an Landwirte im Freistaat ab August im Internet zu veröffentlichen

Berlin. Bayern hat seinen Widerstand gegen die Offenlegung der Empfänger von EU-Agrarzahlungen aufgegeben. Nach massiven Strafdrohungen aus Brüssel sagte Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) gestern in München zu, die Zahlungen an Landwirte im Freistaat ab August im Internet zu veröffentlichen. EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel kündigte im Gegenzug an, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzustellen. Brunner begründete den Schritt mit den aus Brüssel drohenden Strafzahlungen. Brüssel hatte Ende Juni ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sich Bayern als einziges Bundesland der Offenlegung bislang verweigerte.Bayern hatte die Empfänger der Subventionen mit Verweis auf die Zahlungen an Landwirte im Freistaat veröffentlicht. Brunner erklärte, Fischer-Boel rechne erst 2010 mit einem entsprechenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Ein Zahlungsrisiko zulasten der Steuerzahler oder Landwirte könne und wolle er nicht eingehen, erklärte Minister Brunner. Er kündigte an, zusätzlich zum jeweiligen Gesamtbetrag für jeden einzelnen Bauern Erläuterungen ins Netz zu stellen und damit die Transparenz zu verbessern. Deutschland erhält von der EU jedes Jahr rund sechs Milliarden Euro an Agrarsubventionen. Nach einem auch von der Bundesrepublik mitgetragenen EU-Beschluss von 2006 müssen Informationen über alle Empfänger seit Anfang Mai frei im Internet zugänglich sein. Die Bundesregierung veröffentlichte den Großteil der Daten, Bayern lehnte die Offenlegung jedoch ab. Die bereits veröffentlichten Daten zeigen, dass Nahrungsmittelkonzerne die höchsten Subventionen erhalten. Das meiste Geld geht an Zuckerproduzenten, Molkereien, Süßwarenhersteller oder Fleischverarbeiter. Bei den Landwirten fließen die höchsten Subventionen an große Agrarbetriebe in Ostdeutschland. Südzucker erhielt nach Angaben der Bundesregierung 2008 rund 34,4 Millionen Euro von der EU und führte die Liste der Subventionsempfänger mit großem Abstand an. Dahinter rangieren Zucker- und Stärkeproduzenten mit mehreren Millionen an EU-Geld. Unter den Top-Subventions-Beziehern sind auch die Molkereikonzerne Nordmilch und Campina sowie die Schokoladenhersteller Storck und Ferrero. afpViersen. Die Deutschen trinken weniger Milch trotz der niedrigsten Preise seit Jahrzehnten. Nach Angaben der Milchwirtschaft haben die Verbraucher in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres 2,6 Prozent weniger Milch gekauft, obwohl der Milchpreis stark um 20 Prozent gesunken ist. Auch bei Milchmischgetränken, Joghurt und Käse gebe es Kaufzurückhaltung, so die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen in Viersen.Wegen der niedrigen Erzeugerpreise will die EU-Kommission den Milchsektor länger unterstützen als geplant. Die Behörde schlug gestern in Brüssel vor, die staatlichen Interventionskäufe für Butter und Magermilchpulver bis Februar 2010 zu verlängern. Sollten sie Ende August auslaufen, drohe eine "schwere Marktstörung" mit Folgen für die sehr niedrigen Erzeugerpreise. dpaMeinung

Ende der Spielchen

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Bayern hat seine peinliche Vorstellung beendet. Es war schon nicht einzusehen, warum Deutschland sich lange gegen die Veröffentlichung der Agrarhilfen gesträubt hat. Dass Bayern nach dem verspäteten Einlenken der - bayrischen - Bundesagrarministerin sich weiter widersetzte, war aussichtslos und leichtfertig. Bayern riskierte hohe Strafen. Ministerpräsident Horst Seehofer versuchte wohl, bei den Bauern gut Wetter für die Bundestagswahl zu machen und Brüssel so lange hinzuhalten. Die EU ließ sich auf solche Spielchen zum Glück nicht ein. Jetzt wird man auch in Bayern sehen, dass kleine Familienbetriebe kaum Agrarhilfen bekommen, während Konzerne absahnen. Das könnte eine neue Verteilungsdebatte auslösen. Schon das macht die Veröffentlichung sinnvoll.

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