Baustelle Deutsche Bank

Frankfurt · Die neue Deutsche-Bank-Doppelspitze hat einiges ins Rollen gebracht. Jedoch müssen sich Anshu Jain und Jürgen Fitschen auch mit vielen Altlasten herumschlagen. Die Hauptversammlung der Aktionäre zieht morgen knapp ein Jahr nach dem Führungswechsel eine erste Bilanz.

Kulturwandel und Kapitalerhöhung - in ihrem ersten Jahr an der Spitze der Deutschen Bank haben Anshu Jain und Jürgen Fitschen dem Konzern ihren Stempel aufgedrückt. Zugleich machten dem Duo Gewinneinbruch und Gerichtsprozesse zu schaffen. Doch zuletzt überwog Zuversicht: Die Branche traut Deutschlands größtem Geldhaus nach Jahren der Krise 2013 die Trendwende zu, bei der Deutschen Bank selbst sei der "Hungermarsch" vorbei, verkündete Jain Ende April. Morgen zieht die Doppelspitze auf der Hauptversammlung eine Bilanz ihres ersten Jahres.

Groß war die Sorge, nach dem Abschied von Josef Ackermann könnte der Investmentbanker Jain mit seinen Getreuen die Macht in den Frankfurter Zwillingstürmen an sich reißen. Der ältere Fitschen sei dem gebürtigen Inder mit britischem Pass quasi als "Grüßonkel" an die Seite gestellt worden, um die deutsche Volksseele zu beruhigen, unkten Kritiker. Doch die beiden Manager ließen nie Zweifel aufkommen, dass sie an einem Strang ziehen - auch wenn sie ihre Rollen gleich zu Beginn klar absteckten: Jain sollte den Dialog mit internationalen Investoren führen, Fitschen die Bank vor allem in Deutschland vertreten.

So ließ der gebürtige Niedersachse Fitschen die von Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise verunsicherten Verbraucher wissen, die Bank habe sich einen "Kulturwandel" auf die Fahnen geschrieben: "Kulturwandel bedeutet für alle Banker, die Frage zu beantworten, dass wir bei all unserem Handeln das Interesse unserer Kunden in den Mittelpunkt stellen." Die Bank stellte eine Beauftragte für Fragen guter Unternehmensführung ein und ließ eine externe Kommission das Vergütungssystem unter die Lupe nehmen.

Öffentliche Entschuldigung

Dennoch: Einem Tanker wie der Deutschen Bank mit ihren weltweit knapp 97 800 Vollzeitkräften (Stand: Ende März 2013) einen neuen Kurs zu geben, ist ein Mammutprojekt, das weiß auch Fitschen. "Kulturwandel ist etwas sehr Wichtiges, aber auch etwas noch sehr Vages", zitierte ihn das "Handelsblatt" Anfang Mai 2013. Seit Fitschen im April auch das Präsidentenamt beim Bundesverband deutscher Banken (BdB) übernahm, tritt er als Sprachrohr der Branche auf - wie einst Ackermann. Europas Währungshüter ließ er etwa wissen: "Die billige Liquidität von der Zentralbank ist nicht gesund."

Nicht immer kamen Fitschens deutliche Worte gut an. Nach einer Steuerrazzia zwei Wochen vor Weihnachten beschwerte sich der Banker bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) über die aus seiner Sicht "überzogene" Aktion - und sah sich kurz darauf zu einer öffentlichen Entschuldigung genötigt. 500 Fahnder hatten wegen Steuerermittlungen beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO{-2}-Zertifikate) auch die Frankfurter Zentrale der Bank durchsucht.

Viele Beobachter meinen, gerade der vom angelsächsischen Investmentbanking geprägte Jain sei der Richtige für Veränderungen. Der Manager zeigt sich geläutert und sagt, er habe Lehren aus den Zeiten vor der Finanzkrise gezogen. Jain könnte Investmentbankern den "Kulturwandel" vorleben.

International mitspielen

Zugleich jedoch hat die neue Führungsspitze der Deutschen Bank immer klargestellt: Das größte deutsche Geldhaus will weiterhin in der internationalen Spitzengruppe mitspielen - gerade auch im Investmentbanking. Die Voraussetzungen dafür hat die Bank geschaffen und die dünne Kapitaldecke deutlich aufgepolstert. Dafür baute das Institut Risiken ab und zog als Krönung mühelos über Nacht eine drei Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung durch.

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