Barock-federnde Leichtigkeit ist eine hohe Kunst

Saarbrücken · Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ ist eine Herausforderung für jedes Opernensemble. Das Staatstheater (SST) hatte deshalb für die Aufführung am Sonntag in der Saarbrücker Congresshalle Konrad Junghänel engagiert, einen Spezialisten für „Alte Musik“.

Barocke Aufführungspraxis gehört nicht zu den Standards für Chor und Orchester. Das Staatstheater hatte daher Konrad Junghänel eingeladen, seit Jahren erfolgreicher Dirigent unterschiedlichster Ensembles.

Die populären ersten drei Teile des Oratoriums waren für die drei Weihnachtstage bestimmt und beinhalten die Geschichte von der Geburt des Herrn, spirituell deutbar auch als Interpretation der Polarität "Irdisches-Himmlisches". Junghänel inspirierte suggestiv zu flüssigen Tempi und abwechslungsreicher Dynamik. Evangelist Hans Jörg Mammel erzählte mit beweglichem Tenor die Geschichte, die von den anderen Solisten kommentiert wurde. SST-Ensemblemitglied Judith Braun ließ ihren homogenen Alt leuchten, Bassist Wolf Matthias Friedrich dramatisierte eruptiv und dynamisch instabil, so dass sich der helle Sopran von Sabine Goetz im großen Saal mit teils schlechter Akustik nicht so recht durchsetzen konnte.

Dem Opernchor hätte man für die geteilten Passagen ein paar Sopranstimmen mehr gewünscht. So versuchten die Sängerinnen durch besonderen Druck und Vibrato auszugleichen, was gegen die kraftvoll-dominanten Männerstimmen schwierig war. Sauber und präzise wurde allemal intoniert und gesungen, doch barock-federnde Leichtigkeit konnte auch Junghänel nicht herbeizaubern.

Überraschung dagegen beim Orchester. Etliche Streicher hatten zu Barockbögen gegriffen und pflegten die entsprechende Haltung. Strahlende Bach-Trompeten und klangschöne Holzbläser sorgten für Vielfarbigkeit und eine flexible, fein artikulierende Continuo-Gruppe ließ barockes Flair spüren. Für viele Zuhörer in der Congresshalle war dies sicherlich eine herzerwärmende Einstimmung auf die kommenden Festtage.

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