Konzertbericht Nostalgie-Kombo im Hitschleuder-Modus

Neunkirchen · Die britische Band „Smokie“ hat am Mittwoch vor 1000 Fans die Neunkircher Nächte eingeläutet. Von der Originalbesetzung ist zwar nur noch der Bassist übrig, der Stimmung in der Gebläsehalle tat das aber keinen Abbruch.

 Die Band Smokie (von links): Bassist Terry Uttley, Sänger Mike Craft, Schlagzeuger Steve Pinnell, Gitarrist Mick McConnell, nicht mehr im Bild Keyboarder Martin Bullard.

Die Band Smokie (von links): Bassist Terry Uttley, Sänger Mike Craft, Schlagzeuger Steve Pinnell, Gitarrist Mick McConnell, nicht mehr im Bild Keyboarder Martin Bullard.

Foto: Eric Kolling

Man stelle sich vor, Coldplay würde 2044 in der Neunkircher Gebläsehalle auftreten, nur noch Bassist Guy Berryman wäre von der Stammbesetzung an Bord und trotzdem würde sich jeder in der Halle wieder fühlen wie 2002, dem Jahr des Hits „The Scientist“, der sie hierzulande bekannt gemacht hat. Wer sich jetzt anstelle von Coldplay deren britischen Landsleute Smokie vorstellt, der hat eine Vorstellung davon, was am Mittwochabend in besagter Gebläsehalle los war: 1000 Zuschauer im ausverkauften Haus, eine gut aufgelegte Formation im Hitschleuder-Modus und Nostalgie wie in den 70ern.

Und was da alles an Bekanntem serviert wird, dürften sogar die Wenigen in der Halle kennen, die noch keine 50 Jahre alt sind: „Don’t Play Your Rock ’n’ Roll to Me“, „Take Good Care of My Baby“, das Schunkel- und Tanzlied „Oh Carol“, „Needles and Pins“ und vor allem die Nummer-eins-Hits „Mexican Girl“, „Lay Back in the Arms of Someone“ und „Living Next Door to Alice“. Dazu gibt’s ein Cover von „Have You Ever Seen the Rain?“, im Original von Creedence Clearwater Revival, und vom Volkslied „Whiskey in the Jar“, dargeboten mit dem legendären Gitarren-Riff.

Nur der 67-jährige Bassist Terry Uttley ist von der Originalformation der 1972 gegründeten Gruppe noch an Bord. Der langjährige Sänger Chris Norman („Midnight Lady“) stieg wie Schlagzeuger Pete Spencer 1986 aus, Gitarrist Alan Silson folgte zehn Jahre später aus gesundheitlichen Gründen. Doch Keyboarder Martin Bullard, Drummer Steve Pinnell (beide seit 1986), Sänger Mike Craft (er ersetzte den 1995 tödlich verunglückten Norman-Nachfolger Alan Barton) und Gitarrist Mick McConnell (seit Mitte der Neunziger) sorgen auch für den gitarrelastigen, leicht rockigen Smokie-Sound. Vor allem Crafts kehlige Stimme, manchmal ähnlich knarzig wie die von Joe Cocker, klingt wie das aus dem Radio bekannte Original. Und sorgt durch sein ansteckendes Lächeln für gute Laune in „Nuennkirrschähn“, wie er den Spielort zu Beginn scherzhaft auf Deutsch auszusprechen versucht.

Spätestens nach 25 Minuten wird es an den Seitengängen des bestuhlten Konzerts eng: Viele Leute drängen heraus und tanzen ausgelassen. Allerdings gesittet – ganz so, wie es Craft erbeten hatte. Seiner ersten Regel „An der Seite tanzen“, um die Sicht der übrigen Zuschauer nicht zu beeinträchtigen, hatte er noch eine zweite folgen lassen: „Wer die Melodie oder den Text des Liedes erkennt, der muss uns beim Mitsingen helfen!“ Dem wurde reichlich Folge geleistet. Später drohte er scherzhaft, wer die folgenden Lieder nicht mitsinge, werde von den Sicherheitskräften aus der Halle begleitet.

Ehe es nach einer knappen Stunde in Richtung Zielgerade geht, hält es kaum keinen mehr auf den Sitzen, mehrere Fans drängen an die Bühne. Drummer Pinnell erhebt sich immer wieder über das erhöht stehende Schlagzeug und gibt den Klatsch- und Schunkel-Motivator oder leuchtet mit Lampen ins Publikum, damit dieses bei romantischen Songs via Handy-Licht für Besinnlichkeit sorgt.

Die bewegte Band-Geschichte kommt in den Erklärungen der Musiker zwischen den Songs ein wenig kurz. Dass Smokie ohne das erste Erfolgsstück „If You Think You Know How to Love Me“ (1975) auch niemals in Neunkirchen auf der Bühne gelandet wäre, das gibt Terry Uttley immerhin als Erklärung.

Und überhaupt: Den Zuschauern geht es nicht um Plauder-Ausschweifungen, sondern um die Musik, das Sich-zurück-versetzen in die Jugend. Das einzig bedauerliche an dem Abend ist, dass diese hitgestützte Zeitreise schon nach 90 Minuten endet.

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