Bald auch Billigautos aus Deutschland

Rüsselsheim/Wolfsburg · Gut jeder zweite Job der deutschen Autobranche hängt am sogenannten Premium – dem Segment für gehobene Ansprüche. Darin haben deutsche Hersteller fast 80 Prozent Weltmarktanteil. Nun zielen sie zunehmend auch auf das andere Ende der Angebotspalette: Billig autos.

Auch wenn es an Europas Automarkt wieder aufwärtsgeht: Der Konkurrenzkampf ist enorm, der Preisdruck riesig. Deshalb setzen Autobauer vermehrt auf günstige Einstiegsautos, um auch Kunden mit kleinem Geldbeutel zu gewinnen. So will auch Opel künftig mit besonders günstigen Kleinwagen punkten. So plant die Tochter des US-Konzerns General Motors "ein neues Einstiegsmodell unterhalb von 10 000 Euro - mit dem auch ehemalige Chevrolet-Kunden an die Marke gebunden werden sollen", wie aus Führungskreisen zu erfahren war. GM will die Marke Chevrolet 2016 aus Europa abziehen.

Ein Opel-Sprecher wollte die Produktpläne nicht kommentieren. Zuvor hatte jedoch Opel-Chef Karl-Thomas Neumann die Renault-Billigmarke Dacia in der "Financial Times" ausdrücklich gelobt. Zwar sei General Motors nicht Dacia: "Aber dieses ganze Billig- und Einstiegssegment ist sehr interessant. Wir schauen uns das sehr genau an."

Neumann hatte Anfang Juni gesagt, er könne sich ein Auto unterhalb des Modells Adam sehr gut vorstellen: "Insbesondere nach dem Ausstieg von Chevrolet , die sehr kleine und preisgünstige Autos haben." Mit neuen Modellen und Motoren peilt Opel spätestens 2016 die Gewinnschwelle an.

Auch Europas größter Autobauer Volkswagen arbeitet intensiv an einem "Billigheimer", in der Wolfsburger Konzernzentrale bisher unter dem Namen "Budget-Car" bekannt. Es soll das untere Ende der Preispalette im Zwölf-Marken-Konzern noch einmal spürbar senken. Dort rangieren bisher - aus europäischer Sicht - der kleinste Seat und der kleinste Skoda mit knapp 9000 Euro. Der VW Up kostet einen Tausender mehr. Konzern-Chef Martin Winterkorn sagte im März, das Budget-Car sei "kurz vor Zieleinlauf". In den vergangenen Wochen sei vor allem noch gerechnet worden, hieß es. Ziel ist ein Preis zwischen 6000 und 7000 Euro - je billiger, desto besser.

Während Opel weitgehend auf den gesättigten Markt Europa begrenzt ist, will VW sein Budget-Car zunächst nur in China vertreiben, wie aus dem Konzern verlautet. Vertriebsvorstand Christian Klingler sagte zuletzt, denkbar seien neben China dann auch Indien oder Südamerika.

Der Trend hin zu kleineren Modellen hat längst alle deutschen Hersteller erreicht. "In Europa sind immer mehr Premiumhersteller in untere Segmente vorgedrungen. Dadurch sind die Marktanteile der Mittelklasse-Autobauer geschrumpft", schrieben Experten des Beratungsunternehmens IHS Automotive kürzlich. Autobauer wie Opel könnten dies kompensieren, indem sie ihrerseits noch kleinere Autos anbieten. Doch je kleiner die Wagen, umso kleiner die Marge. Und auch im Billigbereich ist der Wettbewerb hart. "Wichtig ist, auf die Kosten zu achten", warnt Auto-Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Dabei dürfe aber das Marken-Image nicht beschädigt werden. Dennoch könne ein kleiner Wagen strategisch klug sein: Wenn der Hersteller über dieses Modell Kunden an die Marke bindet.

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