Bahn-Mitarbeiter haben einen Berg an Überstunden angehäuft

Berlin · Wie groß ist der Personalmangel bei der Bahn? Das Unternehmen bemüht sich verstärkt um Neueinstellungen. Doch es tut sich schwer damit, den Berg an Überstunden abzubauen.

Neben der aktuellen Tarifrunde hat die Bahn ein weiteres personalpolitisches Problem. Der Berg der Überstunden, den die Mitarbeiter anhäufen, wird immer größer. "Die millionenschweren Überstunden des Zugpersonals müssen dringend und nachhaltig reduziert werden", verlangt der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL ), Claus Weselsky. Dabei ist er sich mit dem Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner , einig: Der hält die Situation für "total unbefriedigend". Für Dezember wies die Personalstatistik der Bahn eine Summe von 7,7 Millionen Überstunden aus. Ein Jahr zuvor waren es 7,9 Millionen. Hinzu kommen noch 5,4 Millionen Stunden an offenen Urlaubsansprüchen. Verteilt man die Mehrarbeit auf die betroffenen 164 500 Mitarbeiter, so kommt man auf 46,8 Stunden, mit Urlaubsansprüchen sind es etwa 80 Stunden. Die GDL fordert deshalb, nur noch 50 statt wie bisher eine unbegrenzte Zahl Überstunden pro Jahr zu erlauben. Zugleich pocht Weselsky auf eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde. Sein Kalkül: Wird das Arbeitszeitbudget noch knapper, muss die Bahn mehr Leute einstellen.

Die Bahn verweist darauf, umgesteuert zu haben. Personalvorstand Ulrich Weber: "Wir nehmen das Thema Mehrarbeit sehr ernst, haben bereits angefangen, die vor allem in den vergangenen Jahren angehäuften Überstunden abzubauen, zum Beispiel durch mehr Einstellungen." Rund 34 000 Mitarbeiter habe der Konzern seit 2012 in Deutschland eingestellt. Bis zu 8000 sollen es 2015 sein.

Ein Großteil davon ersetzt Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen. So dürfte etwa in der Netzsparte bis 2025 jeder dritte Arbeitsplatz neu besetzt werden, sagte deren Personalchefin Ute Plambeck. Die Bahn öffnet sich auch Quereinsteigern, die bereits eine abgeschlossene technische Berufsausbildung haben und dann in zehn Monaten zum Lokführer oder Fahrdienstleiter ausgebildet werden.

Für EVG-Chef Kirchner ist letztlich die Zahl der Einstellungen nicht die entscheidende Größe. Es komme auf das Ergebnis an, die tägliche Arbeitspraxis. "Die Kollegen die Sicherheit, dass sie ihren Urlaub auch wirklich nehmen können, dass sie nicht immer wieder zu Mehrarbeit gezwungen sind." In diesem Sinne hat der Konzernbetriebsrat Anfang 2014 mit der Bahn eine Betriebsvereinbarung geschlossen. Ihr Ziel ist es, Überstunden durch entsprechende Personalplanung von vornherein zu vermeiden. Kirchner hält dies für einen wichtigen Schritt.

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