Aus für Saarbrücker Doc-Morris-Apotheke?

Luxemburg/Saarbrücken. Die deutschen Apotheker haben im Streit um die Freigabe des Apothekenmarktes einen wichtigen Etappensieg erzielt. In seinem Plädoyer vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat sich Generalanwalt Yves Bot gestern gegen eine Marktfreigabe ausgesprochen

Luxemburg/Saarbrücken. Die deutschen Apotheker haben im Streit um die Freigabe des Apothekenmarktes einen wichtigen Etappensieg erzielt. In seinem Plädoyer vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat sich Generalanwalt Yves Bot gestern gegen eine Marktfreigabe ausgesprochen. Auslöser des Prozesses war die Eröffnung einer Unternehmens-eigenen Apotheke des holländischen Doc-Morris-Konzerns Mitte 2006 in Saarbrücken. Obwohl das deutsche Recht vorschreibt, dass nur Inhaber eine Apotheke führen dürfen, hatte das saarländische Gesundheitsministerium die Zulassung erteilt. Die Argumentation: Deutsches Recht verstoße gegen EU-Recht. Aufgabe des EuGH ist es, zu klären, ob das deutsche Apothekergesetz höher steht als die Niederlassungsfreiheit der EU. "Ja", argumentiert Bot nun in seinem Gutachten. Jeder Staat habe das Recht, das Niveau des Gesundheitsschutzes seiner Bevölkerung festzulegen. Nur ein unabhängiger Apotheker sei ein Garant für die Qualität der Arzneimittel, die er verkaufe. Diese wirtschaftliche Unabhängigkeit sieht der Generalanwalt weder bei einem angestellten Apotheker noch bei einem Unternehmer gewährleistet. Fazit: Wenn größere Ketten Apotheken betreiben dürften, sei "eine angemessene Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nicht gewährleistet".Schlacht noch nicht verlorenWolfgang Schild, Staatssekretär im saarländischen Gesundheitsministerium, gibt die Schlacht noch nicht verloren. Er halte das Plädoyer teilweise für inhaltlich für falsch, insofern sei auch noch ein Urteil im Sinne des Ministeriums möglich. "Ich lasse den Mut noch nicht sinken", sagte Schild. Die Saarbrücker Apotheke ist ein Sonderfall: Anders als bei anderen Doc-Morris-Apotheken gehört sie dem Konzern, die Apothekerin Jutta Müller ist als Filialleiterin angestellt. Außerdem ist ein Versand angegliedert. Müller blickt nun in eine ungewisse Zukunft: "Natürlich haben wir damit nicht gerechnet. Aber es ist noch kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen", sagt sie. Einen "Plan B", falls das EU-Gericht das Geschäftsmodell kassiert, habe sie nicht. Die Doc-Morris-Muttergesellschaft Celesio will jetzt erst einmal das Urteil abwarten: "Wir sind auf beide Szenarien vorbereitet", sagt Celesio-Sprecher Rainer Berghausen. "Wie wir unsere Marktstrategie in Zukunft ausrichten, wissen wir erst nach dem Urteil."Die saarländische Apothekerkammer, die gegen das Gesundheitsministerium geklagt hatte, ist grundsätzlich optimistisch: "Die Tendenz ist sehr positiv. Wenn der EuGH das Urteil jetzt noch bestätigt, wäre das für uns ein Sieg auf der ganzen Linie", sagt Geschäftsführer Carsten Wohlfeil. Das Urteil der EuGH-Richter wird im Frühjahr 2009 erwartet. Meinung

Hohe Ansprüche

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes Das Gutachten ist eine Ohrfeige. Alle, die geglaubt hatten, sie könnten den deutschen Apotheken-Markt sturmreif liberalisieren, stehen entlarvt da: Weder ein angestellter Apotheker noch ein Geschäftsinhaber sind so unabhängig, dass sie medizinischen Erfordernissen Vorrang vor dem Umsatz des eigenen Unternehmens geben, analysiert der EU-Generalanwalt.Unabhängigkeit, fundierte Beratung und Vorrang für den Kunden. Bei der Versorgung mit Medikamenten stehen diese Kriterien nicht zur Disposition. Die Versuchung, mancher Gesundheitspolitiker, Ausgaben für Medikamente um jeden Preis zu senken, hat einen Rückschlag erlitten.

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