Aufgeschlossenheit schließt Welten auf

Saarbrücken. Warum nur erzählt Betül Durmaz nicht, wie es kam, dass sie aus dem Beruf der Flugbegleiterin ausschied, Sonderpädagogik studierte und nun seit zehn Jahren an einer Förderschule in Gelsenkirchen unterrichtet? Ihr Buch "Döner, Machos und Migranten" beschäftigt sich mit den Bedingungen des Gelingens und den Scheiterns von Integration: der Familie und dem Bildungssystem

Saarbrücken. Warum nur erzählt Betül Durmaz nicht, wie es kam, dass sie aus dem Beruf der Flugbegleiterin ausschied, Sonderpädagogik studierte und nun seit zehn Jahren an einer Förderschule in Gelsenkirchen unterrichtet? Ihr Buch "Döner, Machos und Migranten" beschäftigt sich mit den Bedingungen des Gelingens und den Scheiterns von Integration: der Familie und dem Bildungssystem. Die 42-jährige Bundesbürgerin mit türkischen Wurzeln erzählt mit großem Respekt von dem bei allen Regeln eigenständigen Leben ihrer Großeltern und vor allem ihrer Eltern - davon wie beide in Österreich arbeiteten, dann in der Bundesrepublik Fuß fassten. Es war die erste Generation der Migranten, die es verstand, das Beste aus beiden Kulturen zu verbinden. Ihr Familiensinn und eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Dingen, ließ die Familie in Deutschland die Chance erkennen, die der Wille zur Integration ihren Kindern bot. Doch die Erfolge der ersten und zweiten Generation sind selten geworden, wie die von Durmaz im zweiten Teil des Buches vorgestellten Porträts von Schülern zeigen. Wie fördern, was durch familiäres Umfeld blockiert wird? Das liegt nicht an den Genen der Migranten. Über Gelingen und Scheitern entscheidet die Aufgeschlossenheit der Familien gegenüber der Schule und Gesellschaft des Landes, in dem ihre Kinder leben. Erziehungsunfähigkeit kommt nicht nur in Familien mit dem viel zitierten Migrationshintergrund vor, wie die Geschichten ihrer Schüler zeigen. Die Verantwortung für Gelingen und Scheitern liegt nicht allein bei den Familien, sondern auch im konsequenten Einfordern der Schulpflicht, in medizinischer und sozialer Betreuung. Davon handelt der dritte Teil des Buches über die Chancen von Förderschülern auf dem Arbeitsmarkt. Betül Durmaz fasst hier die hinlänglich bekannten Fakten zusammen, die jedoch durch ihre aus der Praxis gewonnene Sicht an Dringlichkeit gewinnen. Eine alternde Gesellschaft kann es sich nicht mehr erlauben, sozial benachteiligte Kinder und Jugendlichen frühzeitig abzuschreiben. sgBetül Durmaz: Döner, Machos, Migranten. Mein zartbitteres Lehrerleben. Herder, 219 S., 12,95 €

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort