Auf Jagd nach Gangstern in Nadelstreifen

Saarbrücken · Im Saarland gibt es etliche Unternehmen, die wenig bekannt sind, aber zu den Marktführern in ihrer Branche zählen. Solche stillen Stars stellt die SZ in einer Serie vor. Heute: Michael Harz Projure (MHP) aus Saarbrücken.

 Wirtschaftsforensiker Michael Harz bringt in seinen Gutachten die Tricks von Wirtschaftskriminellen ans Licht. Foto: Iris Maurer

Wirtschaftsforensiker Michael Harz bringt in seinen Gutachten die Tricks von Wirtschaftskriminellen ans Licht. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Die bösen Buben fürchten ihn und sein Team. Denn Michael Harz trägt einen gehörigen Teil dazu bei, dass sie ihre gerechte Strafe erhalten. Der Saarbrücker jagt keine kleinen Fische. Seine "Beute" sind die Gangster in Nadelstreifen, die vom Schreibtisch aus ihrem kriminellen Tun nachgehen - seine "Kunden" Gerichte, Staatsanwaltschaften, Insolvenzverwalter, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Banken oder Versicherungsgesellschaften. Für sie schreibt er die Gutachten , die Täter zur Strecke bringen. Michael Harz ist Wirtschaftsforensiker und übt damit einen Beruf aus, den es äußerst selten gibt. Doch in seinem Metier gehört er nach Aussage von Fachleuten aus der Rechtspflege zu den Besten. Ein Forensiker ist jemand, der kriminelle Handlungen systematisch untersucht. "Der Begriff der Forensik, den die meisten Menschen der Rechtsmedizin oder der forensischen Psychiatrie zuordnen, ist also richtig gewählt", sagt Harz.

Er selbst hält sich zurück, liebt das Diskrete. Der 60-Jährige ist bei Ereignissen der saarländischen Wirtschaftsgrößen selten anzutreffen. Seine Firma Michael Harz Projure (MHP) gehört in der bundesdeutschen Wirtschaftsjuristen-Szene jedoch zu den ersten Adressen. Wenn eine Anzeige wegen Betrugs, Untreue oder Insolvenzverschleppung erstattet wird und die Wirtschafts-Staatsanwälte ihre Ermittlungen aufnehmen, "sind wir dabei, wenn Geschäftsräume durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt werden". Das "Wir" sind die Partner Mathias Bauer, Wilhelm Hauser und Jürgen Schäfer sowie ein gutes Dutzend diplomierter Kaufleute, Betriebswirte, Informatiker und Juristen.

Beschlagnahmte Unterlagen - zum Beispiel Bilanzen, Bank- und Buchhaltungskonten, Verträge, Mahnordner, Computer - "werden alle in unsere große Lagerhalle im Saarbrücker Osten transportiert", erzählt er. "Egal, in welcher Ecke der Republik die Durchsuchung stattgefunden hat." Dann beginnt die Puzzle-Arbeit. "Wir nehmen jedes Blatt Papier in die Hand", sagt Michael Harz, der selbst promovierter Betriebswirt und Mathematiker ist. Das Verständnis für Zahlen hilft ihm. Denn MHP hat ein eigenes Bilanzprüf-System entwickelt. Maßgeblich beteiligt daran war Mathias Bauer, der lange Jahre beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) tätig war und bei MHP heute die Computerforensik betreut. Dieser Bereich ist unter anderem darauf spezialisiert, die Daten von gelöschten Festplatten wieder aus der Versenkung zu holen. Außerdem hat das Team die Software "Bil-Man" entwickelt. Damit "sind wir in der Lage innerhalb von zwei Minuten zu sagen, ob eine Bilanz in Ordnung ist oder nicht", sagt Harz. Und "eine Bilanz, die einmal gefälscht wurde, lässt sich auch nicht mehr korrigieren. Das fällt ebenfalls auf."

Zur Wirtschaftsforensik kam er eher zufällig. In den 80er Jahren war er Partner des Saarbrücker Unternehmensberaters Ernst Schneider. Während Schneider der Frontmann war, wirkte Harz im Hintergrund. "Irgendwann kam die Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf uns zu und bestellte ein Gutachten , um die Geldfluss-Rechnung einer Firma zu analysieren", erinnert er sich. "Mein Partner ist ein Zahlenmensch, der kann das machen", sagte Schneider. Ein Jahr hat Harz an dem Gutachten gearbeitet. Das Ergebnis war, dass der Angeklagte den Betrug aufgrund der Beweislage gestand und verurteilt wurde. "Danach hat uns die Staatsanwaltschaft mit Aufträgen zugeworfen." Als die Saarbrücker den Namen Michael Harz bei einer Juristentagung lobend erwähnten, "kamen plötzlich Anfragen aus ganz Deutschland".

Seitdem macht er nichts anderes mehr. Vor rund 30 Jahren gründete Harz seine eigene Firma. Inzwischen erstellen sein Team und er in ihrer Gründerzeit-Villa am Saarbrücker Staden knapp 140 Gutachten pro Jahr als Basis der Anklage - in der Summe mehr als 3000. Öfter als 2500 Mal musste Harz schon vor Gericht aussagen. Ihm ist nicht bange, dass MHP die Arbeit ausgeht. Denn die bösen Buben sterben nicht aus.

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