Auf der Suche nach dem optimalen Klang für das Star-Orchester

Saarbrücken. Ein Weltspitzenorchester spielt, der Andrang ist groß, der Raum entsprechend. Sie haben eine Karte ergattert, ganz hinten, und sind enttäuscht, denn Sie hören vor allem die Pauken, die Bläser. Die filigranen Streicher gehen auf dem weiten Weg zu Ihrem Platz verloren. Das soll so nicht sein

 Der Physiker und Tonmeister Gunter Engel bei der Arbeit. Foto: Karger

Der Physiker und Tonmeister Gunter Engel bei der Arbeit. Foto: Karger

Saarbrücken. Ein Weltspitzenorchester spielt, der Andrang ist groß, der Raum entsprechend. Sie haben eine Karte ergattert, ganz hinten, und sind enttäuscht, denn Sie hören vor allem die Pauken, die Bläser. Die filigranen Streicher gehen auf dem weiten Weg zu Ihrem Platz verloren. Das soll so nicht sein. Im Auftrag der Musikfestspiele Saar wird deshalb das Burbacher E-Werk für den großen Auftritt der Berliner Philharmoniker von professionellen Akustikern des Ingenieurbüros Müller-BBM aufgerüstet. Die baulichen Raffinessen eines echten Konzertsaals verhindern zum Beispiel einen harten, metallischen oder trockenen Klang, sorgen dafür, dass Echo und Nachhall sich nicht störend auswirken. Das E-Werk ist (noch) kein Konzertsaal und zu groß, um es durch das Aufstellen von Wänden, das Einrichten von Reflexionsflächen kurzfristig in etwas Ähnliches zu verwandeln.Die Lösung lautet: Simulation der raumakustischen Bedingungen im Ohr des Zuhörers. Mit Beschallung hat das nichts zu tun. Das Orchester ist genau so zu hören, wie es spielt, es gibt keinen "Power Amplifier", durch den etwa die Celli verstärkt werden. Gleichmäßig im Raum verteilte Lautsprecher hüllen jeden Zuhörer in ein optimiertes Klangerlebnis, so als säße er im E-Werk klanglich vermählt mit dem berühmten Scharoun-Bau der Berliner Philharmoniker in Berlin, einem architektonisch bis ins Detail ausgeklügelten Konzertsaal. Für den Zuhörer ist nicht wahrnehmbar, was die Lautsprecher eigentlich beitragen. Die Musik spielt auf der Bühne, und von da kommt sie auch. Das Raumakustiksystem ist kompliziert.

Der Physiker und Tonmeister Gunter Engel vom Akustikbüro Müller sitzt mitten auf der eigens für kommende Konzerte errichteten Zuschauertribüne, er misst und horcht. Die Messungen zeigt ihm sein Laptop, die letztliche Beurteilung ermöglicht ihm sein erfahrenes Gehör. Auf der Bühne spielt die Deutsche Radio Philharmonie (DRP) unter der Leitung von Karel Mark Chichon; stellvertretend für die berühmten Berliner erzeugen sie Orchesterklang. Was sie spielen, wird von vier Mikrofonen im Bühnenbereich aufgenommen und als elektroakustische Signale an eine Zentraleinheit weitergeleitet. Die ist der Zauberkasten. Er enthält etwa wie eine Bibliothek, raumakustische Messungen aus bewährten Konzertsälen.

Die Mikrofone geben Aufschluss über die Reflexionen und die Feinstruktur des Nachhalls, sie verraten, wie Geräusche im Raum wahrgenommen werden. Aus den Messungen vor Ort und den archivierten Informationen errechnet die Zentraleinheit eine ausgewogene Dosierung. Letztlich entscheidet das Ohr - Robert Leonardy und Gunter Engel lauschen der DRP. Beide wissen, wie die Berliner Philharmoniker klingen. Sie arbeiten dran. ask

Am heutigen Samstag um 20 Uhr eröffnen die Berliner Philharmoniker im ausverkauften E-Werk in Saarbrücken die Musikfestspiele Saar. Das Orchester unter Riccardo Chailly (siehe Foto auf Seite 1) spielt aus Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" und Anton Bruckners Sinfonie Nr. 6 A-Dur.

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