Auch Grüne für Erhalt der Saar-Stahlindustrie

Der Klimaschutz soll im Saarland ein höheres Gewicht bekommen, aber die Stahlindustrie soll dadurch nicht in ihrem Bestand bedroht werden. Diese Position vertritt Hubert Ulrich, Fraktionschef der Grünen im Landtag, im Gespräch mit SZ-Redakteur Thomas Sponticcia.

 Hubert Ulrich, Chef der Grünen-Landtagsfraktion

Hubert Ulrich, Chef der Grünen-Landtagsfraktion

Foto: Becker&Bredel

Sie fühlen sich seit der letzten Landtagsdebatte zur Zukunft der Stahlindustrie kräftig missverstanden. Woran liegt es?

Ulrich: Au ch die Grünen wollen den Weiterbestand der Stahlindustrie an der Saar. Die große Koalition aus CDU und SPD hat jedoch in der Debatte einen Antrag eingebracht, den wir so nicht unterstützen können. Es gab vorher auch kein Bemühen, mit uns Gemeinsamkeit herzustellen. Wir haben dann einen eigenen Antrag eingebracht, um unsere Position klarzumache n.

Wo liegt der Konflikt?

Ulrich: Wir brauchen im Saarland eine Stahlindustrie und ein Klimaschutzgesetz. Das ist kein Gegensatz. Im Antrag der großen Koalition fehlt die Forderung nach einem Klimaschutzgesetz. Es muss sich auch an den Erfordernissen der Stahlindustrie orientieren. Das gilt ebenfalls für den künftigen Emissionshandel , der jetzt in Brüssel diskutiert wird. Dieser Emissionshandel darf nicht dazu führen, dass es zu Verlagerungen der europäischen, deutschen und saarländischen Stahlindustrie kommt, etwa an Standorte in China. Es gibt einen Konsens der Grünen auf Bundes- und Landesebene: Keiner will, dass die Stahlindustrie in Deutschland verloren geh t.

Warum brauchen wir ein Klimaschutzgesetz?

Ulrich: Sieben westliche Bundesländer haben schon Klimaschutzgesetze , darunter Nordrhein-Westfalen und Bremen, die auch über eine starke Stahlindustrie verfügen. Klimaschutzziele dienen dazu, deutlich zu machen, wie viel CO{-2} wir einsparen wollen, auch im Hinblick auf die in Paris beschlossenen Ziele. Es steht außer Frage, dass wir angesichts der dramatisch zunehmenden Erderwärmung den CO{-2}-Ausstoß weltweit deutlich senken müssen.

Schon die Jamaika-Koalition, so sagen Sie, hat solche Klimaziele beschlossen.

Ulrich: Ja, und auch die CDU hat damals für den Masterplan Energie mit klaren Klimazielen die Hand gehoben. Heute will die große Koalition von dem Masterplan jedoch nichts mehr wissen. Man versucht sich im Saarland um die Diskussion herumzumogeln, weil es zu deutlichen Veränderungen in Richtung erneuerbarer Energien kommen muss. Diese Diskussion ist völlig losgelöst von der Stahlindustrie.

Die saarländische Stahlindustrie argumentiert, sie habe schon sehr viel für den Umweltschutz getan, Milliardenbeträge in neueste Technologien und Anlagen investiert. Weitere Kostenbelastungen könne sie nicht mehr schultern.

Ulrich: Wir erkennen das an und sehen das auch. Die saarländische Stahlindustrie steht hier im weltweiten Vergleich gut da. Wegen der Prozesse in der Produktion, wo Stahl mit Hilfe von Kohle hergestellt wird, hat die Branche größere Schwierigkeiten. Kohlekraftwerke kann ich durch erneuerbare Energien ersetzen. Das ist beim Stahl sehr viel schwieriger und langwieriger. Es wird noch lange dauern, bis Alternativprozesse in der Stahlherstellung erforscht sind. Deshalb muss sich auch der Emissionshandel europaweit an den Besonderheiten der Stahlindustrie orientieren.

Werden die Saar-Grünen den Protest der Stahlarbeiter am nationalen Stahl-Aktionstag zum Erhalt der Arbeitsplätze am 11. April unterstützen?

Ulrich: Das kann ich mir durchaus vorstellen. Erst müssen wir aber im Detail wissen, was genau gefordert wird.

Sie sehen noch ein größeres Problem als schon die Debatte um den Klimaschutz .

Ulrich: Die massiven Dumping-Preise aus China für Billigstahl sind zurzeit das Kernproblem. Vor allem das setzt die Stahlindustrie unter Druck. Die EU muss mit China Lösungen finden, wie dort die massiven Überkapazitäten abgebaut werden.

China ist auf dem Weg zur Anerkennung des Marktwirtschafts-Status. Das erschwert Dumping-Maßnahmen.

Ulrich: Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Status kommt. Es kann aber nicht sein, dass die Chinesen unseren Stahl-Markt kaputt machen. Darauf muss die EU-Kommission reagieren, gegebenenfalls auch mit hohen Strafzöllen gegen China.

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