Athens Regierungschef warnt vor Euro-Kollaps

Brüssel/Athen · Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras malt düstere Bilder für Europa und die Eurozone, falls die Geldgeber sein Land fallen lassen sollten. Seine neuen Reformvorschläge bleiben jedenfalls hinter den Forderungen der Gläubiger zurück.

Vor einem möglicherweise entscheidenden Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatschef François Hollande hat der griechische Regierungschef Alexis Tsipras ein Horrorszenario über den Zusammenbruch der Währungsunion gemalt. Sollte Griechenland die Eurozone verlassen müssen, könnten Spanien oder Italien dieses Schicksal teilen. In der Folge könnte dies zum Zusammenbruch der Währungsunion führen, sagte Tsipras gestern der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". "Es wäre der Anfang vom Ende der Eurozone ." Tsipras warnte, dass die Kosten für die europäischen Steuerzahler enorm seien.

Auf dem für heute anberaumten Treffen mit Merkel und Hollande in Brüssel will Tsipras erneut versuchen, einen Kompromiss im Streit um die Forderungen der Gläubiger an Griechenland zu finden. Griechenland ist akut von einer Staatspleite bedroht. Das Hilfsprogramm für das Euroland läuft Ende Juni aus. Bis dahin muss ein Kompromiss über das von den Geldgebern aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) geforderte Reformpaket gefunden werden. Sonst können Hilfen von 7,2 Milliarden Euro nicht ausgezahlt werden.

Die Regierung in Athen hat in der Nacht zum Dienstag neue Reformvorschläge vorgelegt, die jedoch von Brüssel als nicht ausreichend bewertet wurden. Die genannten Ziele zur Haushaltskonsolidierung blieben hinter den bisherigen Absprachen zurück, hieß es. Die Vertreter der internationalen Geldgeber verlangen als Ziel für den Primärüberschuss (Budgetüberschuss ohne Zinszahlungen) im laufenden Jahr ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der griechische Vorschlag bleibt nach einem Bericht des "Wall Street Journal" mit 0,75 Prozent dahinter zurück.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU ) kritisierte unterdessen die Haltung der griechischen Regierung. "Es geht nicht, dass der Kreditnehmer bestimmt, unter welchen Bedingungen der Kreditgeber ihm freundlicherweise Geld geben kann."

Meinung:

Am Rand einer Katastrophe

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Alexis Tsipras spielt zum wiederholten Mal die Angst-mach-Karte aus - und lenkt damit von dem Horror ab, den er und seine Syriza-Partei seinen Bürgern zumuten. Außer Schuldzuweisungen und Forderungen nach einem Schuldenerlass hat der griechische Regierungschef noch nichts zuwegegebracht. Im Gegenteil: In der Zeit seines kompromisslosen Verhandelns ist die griechische Wirtschaft wieder in die Rezession gestürzt. Selbst gut laufende Firmen erhalten keine Kredite mehr, die Bürger bringen ihre Euro in Sicherheit, Auslandsinvestitionen kommen zum Erliegen. Und von Initiativen, den Großverdienern endlich Steuern abzuknöpfen und Privilegien zu beschneiden, ist nichts zu spüren. Griechenland, nicht die Euro-Zone, steht am Rande einer Katastrophe.

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