Athens Führung strotzt vor Selbstbewusstsein

Brüssel/Athen · Beim Besuch der EU-Kommission betont Griechenlands Regierung selbstsicher: Bald werde das Land wieder auf eigenen Beinen stehen. Immerhin soll es nach Jahren erstmals wieder ein Wirtschaftswachstum geben.

José Manuel Barroso dürfte geahnt haben, was ihm blüht. Schon kurz nach der Landung gestern in Athen begegnete der EU-Kommissionspräsident einem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras, der vor Selbstbewusstsein nur so strotzte. "Wir sind auf einem guten Weg", betonte er. "Griechenland wird wieder auf eigenen Beinen stehen. Und wir wollen unter unserer Präsidentschaft die Euro-Zone stabilisieren und vertiefen." Auch Barroso zeigte sich überzeugt, dass Griechenland wieder ohne Hilfe auskommen könne. "Das zeigt, dass unsere Hilfssysteme wirken."

Seitdem die Athener Führung am Jahresanfang den Ratsvorsitz in der EU übernommen hat, tritt die Regierung mit neuem Selbstvertrauen auf. Erst war es Wirtschaftsminister Konstantinos Chatzidakis, der für Ende 2014 die Rückkehr Athens an die Märkte ausgab. Dann forderte Außenminister Evangelos Venizelos unverhohlen von den Euro-Partnern mehr Geld, um das Land wieder auf die Beine zu bringen. "Sollten sich unsere institutionellen Partner bürokratisch und obsessiv verhalten, bin ich nicht in der Lage, die Reaktionen der griechischen Gesellschaft vorherzusagen", drohte er mit einem Regierungswechsel zugunsten "antieuropäischer Kräfte von links und rechts".

Tatsächlich gibt es Indizien dafür, dass Athen den Absturz in diesem Jahr stoppen kann. Nach einem weiteren Konjunktureinbruch von rund vier Prozent in 2013 soll es in den kommenden zwölf Monaten erstmals seit 2008 wieder mit 0,6 Prozent leicht nach oben gehen. Die Nachfrage nach griechischen Staatsanleihen auf den Kapitalmärkten wächst sprunghaft, auch wenn Anlageberater weiter vor massiven Unsicherheiten warnen. Die Arbeitslosigkeit soll einem Plan der Regierung zufolge 2014 um einen Prozentpunkt zurückgehen - auf dann immer noch dramatische 24,5 Prozent. Zudem konnte Griechenland ein Jahr früher als geplant einen Haushaltsüberschuss erwirtschaften. Das Plus betrug zwischen 100 und 200 Millionen Euro. Genaue Zahlen stehen erst im November fest. In diesem Jahr steigt dieser Überschuss angeblich sogar auf drei Milliarden Euro.

In Brüssel vermag man solche optimistischen Botschaften noch nicht zu glauben. "Ich kann nicht behaupten, dass wir mit dem Haushalt einverstanden wären", kommentierte ein Sprecher von Währungskommissar Olli Rehn die Daten der Hellenen. Auch andere Experten zeigen sich skeptisch. Schließlich muss die griechische Regierung fast acht Prozent Zinsen für eine neunjährige Staatsanleihe bieten, damit die überhaupt angenommen wird. Noch immer drückt eine gewaltige Schuldenlast von 176 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung auf das Land. Aus dieser Falle will Athen nun raus und setzt auf die Euro-Partner. Ein Schuldenerlass gilt aber als striktes Tabu bei nahezu allen Mitgliedstaaten der Währungsunion, weil der Nachlass die Steuerzahler treffen würde. Im Gespräch sind niedrigere Zinsen. Und darüber hinaus will die griechische Regierung die Rückzahlung der Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro noch weiter hinausschieben. Zudem attackiert die Regierung die Arbeit der Troika - und das mit Erfolg. Der Vorwurf, die Entsandten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds könnten das Land mit gottgleichen Anweisungen fremdregieren, ohne dafür demokratisch legitimiert zu sein, findet im EU-Parlament viel Zustimmung. Ein hoher EU-Diplomat meinte: "Die Griechen haben ihre Kampfeslust wiederentdeckt und sie pokern hoch. Denn sie haben ein wichtiges Ass im Ärmel: Sollte die Euro-Familie hart bleiben, riskiert sie den Verlust des Landes an e xtreme Kräfte."

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