Athen in akuter Finanznot

Athen/Brüssel · In Griechenland sind die Kassen fast leer. Doch rasche Beschlüsse über die Auszahlung von Rettungsmilliarden aus Europa sind nicht zu erwarten. Die Geldgeber wollen erst Reformen sehen und machen Druck.

Griechenland steht schneller als erwartet vor akuten Zahlungsproblemen. Die Regierung in Athen rief die Rentenkassen und andere öffentliche Institutionen - darunter auch Kliniken - auf, ihre Geldeinlagen an den Staat abzugeben, wie gestern aus Regierungskreisen zu erfahren war. Der Staat braucht nach Auffassung von Beobachtern dringend Geld, wenigstens ein bis drei Milliarden Euro . Auch der kleinste Fehler könnte zum Zahlungsverzug führen und eine Pleite auslösen, hieß es. Auf die Auszahlung von Rettungshilfen der Euro-Partner muss das Land aber weiter warten. "Wir sind noch einen weiten Weg davon entfernt", sagte ein EU-Verantwortlicher in Brüssel . Rasche Beschlüsse der Euro-Gruppe seien nicht in Sicht.

Die Euro-Finanzminister werden bei ihrem Treffen am Montag über die Lage in dem Krisenland beraten. Insgesamt muss Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen. Die Bundesregierung dämpfte Erwartungen Griechenlands auf rasche erste Hilfszahlungen der internationalen Geldgeber noch im März. Für mögliche Vorabzahlungen gebe es keine Grundlage, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger. Die Vereinbarung der Euro-Gruppe besage eindeutig, dass Griechenland bis Ende April ein detailliertes Reformprogramm vorlegen und es bis spätestens Ende Juni abarbeiten müsse. Danach werde die Umsetzung bewertet. Auch in Brüssel hieß es, vor weiteren Hilfen müsse zunächst eine neue Reformliste von Finanzminister Gianis Varoufakis von den drei Geldgeber-Institutionen überprüft werden. Der griechische Ressortchef habe die Liste mit sechs Reformen an Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem geschickt.

Der Euro-Gruppe fehle ein aktueller Überblick zur Liquiditätslage, da Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihre Gespräche mit der griechischen Regierung bisher nicht wieder aufgenommen hätten, so der Diplomat. Wann die Institutionen miteinander reden werden, blieb offen. Gestern schaffte es Griechenland aber, trotz Finanznot fristgemäß Schulden an den IWF in Höhe von 310 Millionen Euro zurückzahlen. Zugleich traf sich der griechische Regierungschef Alexis Tsipras in Athen mit allen für Finanzen zuständigen Ministern und Funktionären. Anschließend beruhigte Zentralbankchef Giannis Stournaras die Bevölkerung. "Es gibt kein Problem mit den Geldeinlagen." Aus Angst vor einer Pleite hatten viele Griechen in den vergangenen drei Monaten nach Schätzungen der Banken mehr als 22 Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben.

Die Euro-Partner hatten vorige Woche das Hilfsprogramm um vier Monate verlängert. Fließen können noch 1,8 Milliarden Euro aus dem Hilfsprogramm sowie zugesagte Zinsgewinne der EZB aus griechischen Anleihen von 1,9 Milliarden Euro . Vom IWF könnten 3,5 Milliarden Euro kommen. Für eine Auszahlung müssen EU-Kommission, EZB und IWF zuvor zustimmen.

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