Arcelor-Mittal gibt Anteile an Dillinger Hütte ab

In der saarländischen Stahlindustrie zeichnet sich eine neue Eigentümer-Struktur ab. Künftig wird der Luxemburger Stahlkonzern Arcelor-Mittal nur noch mit 30,8 Prozent an der DHS - Dillinger Hütte Saarstahl AG beteiligt sein (siehe Grafik). Bisher waren es 51,25 Prozent

In der saarländischen Stahlindustrie zeichnet sich eine neue Eigentümer-Struktur ab. Künftig wird der Luxemburger Stahlkonzern Arcelor-Mittal nur noch mit 30,8 Prozent an der DHS - Dillinger Hütte Saarstahl AG beteiligt sein (siehe Grafik). Bisher waren es 51,25 Prozent. Die DHS hält 95,27 Prozent Anteile an der Dillinger Hütte (DH) - die restlichen 4,73 Prozent sind im Besitz von Kleinaktionären, hauptsächlich ehemalige DH-Mitarbeiter. Von den 21,17 Prozent, die Arcelor-Mittal an der DHS abgibt, fließen 11,17 Prozent an die SHS Struktur-Holding-Stahl, die künftig 26,17 Prozent an dem Dillinger Grobblech-Produzenten hält (vorher 15 Prozent). Die SHS ist wiederum eine 100-prozentige Tochter der Montan-Stiftung-Saar, in der die saarländischen Stahlinteressen seit 2001 gebündelt sind. Die restlichen zehn Prozent kauft die DH selbst, was aktienrechtlich zulässig ist. Insgesamt erhält Arcelor-Mittal für seinen Anteil von 21,17 Prozent nach eigenen Angaben 777 Millionen Euro (eine Milliarde Dollar). Darin ist bereits die in Aussicht gestellte Dividende für das Jahr 2008 enthalten. "Wir haben genügend Liquidität, um diesen Preis zu bezahlen und auch um die begonnenen und geplanten Investitionen in Höhe von 700 Millionen Euro zu finanzieren", betonte der Vorstandsvorsitzende der Dillinger Hütte, Paul Belche. Den Gesamtwert des Konzerns beziffert Arcelor-Mittal mit 2,6 Milliarden Dollar (rund zwei Milliarden Euro). "Mit diesem Engagement wollen wir sicherstellen, dass die Entscheidungskompetenz für die saarländische Stahlindustrie im Land bleibt", sagte dazu das Vorstandsmitglied der Montan-Stiftung-Saar, Michael Müller. Der Saarbrücker Rechtsanwalt ist auch gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der DH. Die neue Aktionärsstruktur "stärkt die Stahlstandorte an der Saar", meinte Müller.Engere ZusammenarbeitAußerdem würde sie eine engere Zusammenarbeit der Dillinger Hütte mit der Saarstahl AG ermöglichen. Die SHS (74,9 Prozent) und die DH (25,1 Prozent) sind die einzigen Saarstahl-Aktionäre. Bereits heute betreibt man gemeinsam die Rogesa (Roheisengesellschaft Saar) - mit den Hochöfen in Dillingen - sowie die Zentralkokerei Saar (ZKS), an denen beide Unternehmen jeweils mit 50 Prozent beteiligt sind. Darüber hinaus werden künftig zwei Vorstände für DH und Saarstahl zuständig sind - neben dem Arbeitsdirektor Karlheinz Blessing auch der DH-Finanzvorstand Fred Metzken (siehe Artikel rechts). Ferner ist der Einkauf beider Stahlkonzerne in einer gemeinsamen Gesellschaft mit Norbert Emanuel und Hans-Joachim Welsch an der Spitze in Dillingen gebündelt. Weitere Synergien sieht Belche "im Bereich der Dienstleistungen". Konkrete Projekte nannte er nicht. Trotz trüber werdender Konjunktur-Aussichten stehe die Dillinger Hütte "noch immer gut da", sagt Belche. Für die ersten drei Monate des kommenden Jahres seien die Auftragsbücher voll. "70 Prozent unserer Aufträge wickeln wir im Energiebereich ab." Dazu gehören Grobbleche für Öl- oder Gaspipelines und Förderanlagen. Hier sei der Investitionsbedarf vor allem in China, Russland oder Indien nach wie vor hoch. Daher geht Belche davon aus, dass "uns die Krise nicht so stark treffen wird wie andere Stahlhersteller". Meinung

(K)eine faustdicke Überraschung

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid Eine faustdicke Überraschung ist die neue Aktionärsstruktur bei der Dillinger Hütte nicht. Dem indischen Stahl-Tycoon Lakshmi Mittal war die Beteiligung an dem saarländischen Grobblech-Spezialisten in den Schoß gefallen, als sich der indisch-britische Weltmarkt-Primus vor zwei Jahren den Luxemburger Stahlkonzern Arcelor einverleibte. Mit seiner Aktienmehrheit von 51,25 Prozent konnte Mittal wenig anfangen, da wichtige Entscheidungen nur mit einem Stimmenanteil von 70 Prozent in der Hauptversammlung beschlossen werden können. Die Saarländer hatten dieses Quorum bei der Neuausrichtung der heimischen Stahlindustrie bewusst eingeführt, um Einfluss und Entscheidungs-Kompetenz im Land zu behalten. Künftig hält Arcelor-Mittal 30,8 Prozent der Anteile, hat damit also den gleichen Einfluss wie zuvor. Nur ist der Konzern jetzt um 777 Millionen Euro reicher. Für Arcelor-Mittal ist das ein gutes Geschäft. Die Saarländer hingegen machen unmissverständlich deutlich, dass sie ihre Stahl-Angelegenheiten auch in Zukunft selbst regeln wollen.

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