Arabische Liga ist ratlos und tief gespalten

Bagdad. Der arabische Gipfel in Bagdad sollte ein "historisches" Ereignis werden. Immerhin waren gestern die 22 Führer der Liga zum ersten Mal geladen, seit die Stürme des "arabischen Frühlings" vier von ihnen vom Thron gefegt und einen - den Syrer Assad - in einen Überlebenskampf gestürzt haben

Bagdad. Der arabische Gipfel in Bagdad sollte ein "historisches" Ereignis werden. Immerhin waren gestern die 22 Führer der Liga zum ersten Mal geladen, seit die Stürme des "arabischen Frühlings" vier von ihnen vom Thron gefegt und einen - den Syrer Assad - in einen Überlebenskampf gestürzt haben. Und es ging um eine gemeinsame Strategie zur Überwindung der auch sie zutiefst beunruhigenden, blutigen Turbulenzen der Region. Schon bei Beginn der Runde stand gestern aber fest, dass Ohnmacht und tiefe Spaltung, die die Organisation seit Jahrzehnten lähmen, nicht überwunden sind.Nicht einmal die Hälfte der Mitgliedsstaaten fand sich bereit, durch die Teilnahme ihrer Staatschefs, den "neuen Irak" nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein wieder voll in den Kreis der arabischen Familie aufzunehmen und den Weg zu einer neuen Führungsrolle in der Region zu ebnen. Nur neun der Herrscher waren selbst angereist - und eine Serie von Explosionen mit 21 Toten gleich zu Beginn des Gipfels signalisierte deutlich, dass der Irak von Stabilität weit entfernt ist. Insbesondere die sunnitischen Mächte Saudi-Arabien und Katar, die nun in der Liga den Ton angeben, demonstrierten durch die Entsendung von niedrigen Beamten ihr tiefes Misstrauen gegenüber Iraks schiitischem Premier Maliki und dessen repressiver Politik gegenüber der sunnitischen Minderheit in eigenen Land. Malikis intensive Umwerbung sunnitischer Herrscher verfehlte nur im Falle Kuwaits nicht ihre Wirkung. Nach versöhnlichen Gesten Bagdads gab der Emir erstmals seit der irakischen Invasion seines Scheichtums dem mächtigen nördlichen Nachbarn die Ehre.

Neben dem Thema Syrien stand aber vor allem die Sorge insbesondere der Golfstaaten und Jordaniens über den expansiven Iran im Mittelpunkt des Gipfels. Dabei ging es eben auch darum, den Irak unter Maliki aus dem starken Einflusskreis der "Islamischen Republik" zu ziehen. Nur wenn die Bagdader Regierung auf Distanz zu dem im Irak heute dominierenden Iran geht, kann sie das Misstrauen ihrer mächtigen arabisch-sunnitischen Brüder zu überwinden. Die tiefe Spaltung der Liga zeigte sich in der Ratlosigkeit gegenüber der Tragödie des vom Gipfel ausgeschlossenen Syrien: Keine erneuten Vermittlungsbemühungen, keine Einigung über Hilfen für die Opposition, kein Ruf nach Rücktritt Assads. Die Liga wandte sich nur gegen jede "ausländische Einmischung" in den Syrienkonflikt. Und sie bekundete volle Unterstützung für einen Friedensplan des Sonderbeauftragten Kofi Annan. Ein vergrämter Assad stellte längst klar, dass Vorschläge aus Bagdad in Damaskus kein Gehör fänden.

Es ist nur vier Jahre her, dass der Libyer Gaddafi bei einem Gipfeltreffen seine Amtskollegen warnte, sie könnte das Schicksal des exekutierten Irakers Saddam Hussein ereilen. Die höchsten Delegierten brachen damals in lautes Gelächter aus. Fünf von ihnen fehlten nun in Bagdad. Die Liga ist derweil tief gespalten, zwischen autokratischen Führern, die die Freiheitssehnsüchte ihrer Völker in Panik versetzt, und durch den Volkswillen an die Macht gespülte Politiker. Ob die Autokraten unter Führung Saudi-Arabiens dem "Arabischen Frühling" zu neuer Blüte verhelfen, erscheint höchst fraglich.

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