Anti-Rassismus mit dem Pinsel

Basel. Das Gebäude der Fondation Beyeler ist ein Genuss. Star-Architekt Renzo Piano hat es in das ländliche Riehen bei Basel eingefügt. Es scheint fast zu schweben, wird mal mit einem Schiff, mal mit einem Tempel verglichen. Die Umgebung jedoch erdet

 "Untitled" (1982). Foto: Courtesy of Meridian Gallery/© 2010, ProLitteris, Zürich

"Untitled" (1982). Foto: Courtesy of Meridian Gallery/© 2010, ProLitteris, Zürich

Basel. Das Gebäude der Fondation Beyeler ist ein Genuss. Star-Architekt Renzo Piano hat es in das ländliche Riehen bei Basel eingefügt. Es scheint fast zu schweben, wird mal mit einem Schiff, mal mit einem Tempel verglichen. Die Umgebung jedoch erdet. Die Fondation sei, das hat ihr Gründer, der im Februar dieses Jahres verstorbene Sammler Ernst Beyeler, mal gesagt, das einzige Museum der Welt, in dem man von den Ausstellungsräumen aus auf Kühe blicken könne.

Drinnen richtet sich derzeit der Blick auf eine Sonderausstellung mit Werken von Jean-Michel Basquiat. Wer Glück hat, erhascht dort überraschend einen Blick auf jemanden, den man ganz in der Nähe von Cézanne und Picasso nicht erwartet: einen dunkelhäutigen, muskulösen nur mit einer knappen weißen Hose bekleideten jungen Mann. Der Table Dancer, der eigens ein mit vielen Birnchen erleuchtetes Podest in einem der Riehener Ausstellungsräume hat, geht durch den Saal. Eine kleine Inszenierung, die den Bogen schlägt zu Jean-Michel Basquiats Haupt-Motiv: Rassendiskriminierung und Protest dagegen.

Basquiat, der in diesem Jahr 50 geworden wäre, hat in vielen seiner Bilder Hinweise auf das Schwarzsein, das Anderssein untergebracht. Seien es Gesichter, die an die Köpfe von Voodoo-Puppen erinnern, seien es Erinnerungen an berühmte Farbige: die Boxer Muhammad Ali (Cassius Clay) und Jack Johnson, der Jazz-Musiker Charly Parker. Basquiat selbst war der erste Afroamerikaner, dessen Werke Spitzenpreise erzielten.

Er hat als Graffiti-Künstler in New York begonnen, wo er 1960 als Sohn eines Einwanderer-Paares aus Haiti und Puerto Rico geboren wurde. Und dort ist aus dem Graffiti-Künstler ein Neo-Expressionist geworden, der das Interesse der Galeristen weckte. Für die Kunstszene kam er zur rechten Zeit, brachte sie gleichsam zum Aufatmen nach Jahren der Konzeptkunst. In seinen frühen Arbeiten erkennt man den Graffiti-Künstler, sie enthalten viel Text, Satzfragmente zumal. Die späteren Großformate sind bunt und wild. Basquiat arbeitete mit einer Mischtechnik, setzte Farbstifte, Ölkreide, Pastell, Bleistifte und Kohle ein. Immer wieder findet man religiöse Motive, den Dornenkranz etwa. Basquiat hat sich anfangs der Kunstfigur SAMO (Same old shit) bedient, um seine Bilder zu signieren. Später finden sich die Initialen JMB auf seinen Werken. Da war er schon berühmt und teuer. Er arbeitete mit Andy Warhol, der sein Förderer war. Rund 1000 Werke hat Basquiat hinterlassen, als er 1988 im Alter von 27 Jahren an einer Überdosis starb.

In der Sonderausstellung derFondation Beyeler kann man ihm beim Malen zuschauen; es gibt Video-Aufnahmen aus den 70er Jahren. Ganz behutsam und sorgfältig sieht man ihn Buchstaben auftragen. Ein starker Kontrast zu seinen wilden bunten Arbeiten. Im Hintergrund läuft Jazzmusik. Ernst Beyeler hat in Basel schon zu Basquiats Lebzeiten dessen Bilder gezeigt. 1983 in einer Ausstellung mit dem Titel "Expressive Malerei nach Picasso". Da war Basquiat 23 Jahre alt. Ein Jahr zuvor war er Gast auf der documenta 7 in Kassel gewesen. Beides Zeichen großer Anerkennung für den jungen Künstler. So wie die Ausstellung in Basel auch.

Bis 5. September. Info: www.fondation beyeler. ch

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