Ananas und Papayas aus den Alpen

Saarbrücken. Ökologie und nachhaltiges Wirtschaften fördern auch im Handel ein Umdenken bei der Vermarktung von Lebensmittel, Textilien oder anderen Produkten

Saarbrücken. Ökologie und nachhaltiges Wirtschaften fördern auch im Handel ein Umdenken bei der Vermarktung von Lebensmittel, Textilien oder anderen Produkten. "Viele Handelsunternehmen haben bereits erkannt, dass sie nur eine Zukunft haben, wenn die Unternehmensstrategie darauf abzielt, einen nachhaltigen Geschäftserfolg zu erzielen, gleichzeitig die Umwelt zu erhalten und den Menschen zu respektieren", sagt Professor Joachim Zentes, Direktor des Instituts für Handel und Internationales Marketing (Hima) an der Universität des Saarlandes. In einer Studie - "Strategien der Nachhaltigkeit im Handel: People, Planet, Profit" - haben er sowie die Autoren Jonas Bastian und Fabian Lehnert die künftigen Herausforderungen für den Handel zusammengetragen. Ein wichtiger Baustein dieser Strategie ist, dass die Unternehmen versuchen, den Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) zu verringern, indem sie den Transport der Produkte neu organisieren. Lkw-Fahrten und Flug-Kilometer sollen eingespart, das Schiff und die Bahn als emissionsarme Transport-Alternativen besser genutzt werden. "Dies bedeutet auch, dass bei der Nahrungsmittel-Produktion verstärkt auf regionale Produkte zurückgegriffen wird", sagt Zentes. Es habe außerdem zur Folge, dass der Blick wieder verstärkt darauf gelenkt wird, dass Obst- oder Gemüsesorten nur dann angeboten werden, wenn sie Saison haben. "Spargel kommt in die Märkte, wenn Erntezeit ist", nennt Zentes ein Beispiel. Die Menschen in Nordeuropa müssten allerdings nicht auf exotische Früchte wie Ananas oder Papayas verzichten, diese würden dann aber verstärkt in Tropenhäusern angebaut, die mit Geothermie oder Prozesswärme beheizt werden. Der Schweizer Handelskonzern Coop investiere bereits in solche alpinen Tropenhäuser. Dort seien teilweise auch Aquakulturen angeschlossen, in denen Speisefische gezüchtet werden. Außerdem werde der Einsatz erneuerbarer Energie in den einzelnen Filialen immer wichtiger. So habe sich die Rewe Group dazu entschlossen, "generell nur noch grünen Strom zu beziehen". Darüber hinaus "streben viele Handelsunternehmen stärkere Kooperationen mit Lebensmittel-Produzenten weltweit an und sichern sich feste Lieferkontrakte", erläutert Zentes. Da dies häufig in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen geschieht, fördere diese Politik den fairen Handel zu Preisen, von denen die Erzeuger auch leben können. Nachhaltigkeit heiße auch, dass die Zeit der Dumpinglöhne beim Handel zu Ende gehe. "Handelsunternehmen mit einem langfristig angelegten Beschäftigungs- und Ausbildungskonzept konnten in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich am Markt agieren und liegen auch in der Gunst der Konsumenten häufig weit vorne", heißt es in der Studie. Meinung

Der grüne Handel

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid Erdbeeren und Spargel im Winter - muss das sein, fragen sich viele. Es mehrt sich die Zahl der Leute, die ohne schlechtes Öko-Gewissen ihre Lebensmittel einkaufen wollen. Der Handel scheint diesen Trend erkannt zu haben springt auf den Zug auf. Dies darf allerdings kein Marketing-Gag, sondern muss Grundlage einer langfristigen Strategie sein. Es ist auch die Chance für regionale Produzenten, da ihr Obst und Gemüse nicht über Kontinente gekarrt werden muss, um den Verbraucher zu erreichen. Das gute Öko-Gewissen darf allerdings beim Preis nicht Halt machen. Fairer Handel und Öko-Strom bedeuten auch, dass manches teurer wird. Auch wenn die Handelskonzerne grüner werden - Geld verdienen müssen sie trotzdem.

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