Altmaier visiert Kühlschränke anEnergieverbraucher: Konzerne kassieren 2,1 Milliarden zuviel
Berlin. Beim zweiten so genannten Energiespargipfel hat Umweltminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwochabend weitreichende Ankündigungen gemacht. Nach Teilnehmerangaben will der Minister ab 2014 nicht nur 100 Millionen Euro mehr für die Energiesparberatung der Haushalte bereitstellen, sondern für Langzeitarbeitslose auch ein Förderprogramm zum Austausch alter Kühlschränke auflegen
Berlin. Beim zweiten so genannten Energiespargipfel hat Umweltminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwochabend weitreichende Ankündigungen gemacht. Nach Teilnehmerangaben will der Minister ab 2014 nicht nur 100 Millionen Euro mehr für die Energiesparberatung der Haushalte bereitstellen, sondern für Langzeitarbeitslose auch ein Förderprogramm zum Austausch alter Kühlschränke auflegen.Gedacht ist daran, Hartz-IV-Haushalten im Zuge einer Energiesparberatung im Bedarfsfall den Kauf eines neuen Kühlschrankes der energieeffizientesten Klasse nahezulegen und ihnen dafür einen Zuschuss zu geben. Die Aktion ähnelt der Abwrackprämie, die es 2009 für alte Autos gab. Der Zuschuss solle "signifikant hoch" sein, hieß es. "Jedenfalls so, dass jeder den Kühlschrank dann auch kaufen kann." Das Programm solle "so schnell wie möglich" starten, wahrscheinlich Anfang 2013. Details müssten allerdings noch ausgearbeitet werden. Darunter auch Kriterien, welche Art von Kühlschränken bezuschusst wird.
Die Maßnahme war regierungsintern lange umstritten. Möglich wird sie jetzt, weil das Arbeitsministerium nach Informationen unserer Zeitung seine Bedenken aufgab und grünes Licht gab. Es besteht nun nicht mehr auf einer Anrechnung des Zuschusses auf den Hartz-IV-Bezug, wenn er in Form eines Gutscheines erfolgt.
Das Kühlschrankprogramm soll das Teil des Beratungsprojekts "Stromsparcheck" werden, das vom Bundesverband der Energieagenturen Deutschlands und der Caritas seit 2008 durchgeführt wird. 80 000 Haushalte wurden in diesem Rahmen bisher besucht, jeder bekam ein Starterpaket im Wert von rund 70 Euro. Es enthält LED-Lampen, abschaltbare Steckdosen und Wasserspardüsen. Eine Auswertung ergab, dass etwa neun Prozent der besuchten Haushalte ein Jahr nach der Beratung neben der Verwendung des Starter-Sets zusätzliche Energiesparmaßnahmen veranlasst hatten.
Über dieses Programm hinaus plant Altmaier eine umfassende Initiative, bei der jeder Haushalt in Deutschland, der das möchte, direkt per Hausbesuch und kostenlos beraten wird. Die Beratung soll sich über das Stromsparen hinaus auch auf den großen Bereich der Wärmeeinsparung erstrecken, also bauliche und technische Maßnahmen mit umfassen. Wie und von wem die hierfür vorgesehenen 100 Millionen Euro genau eingesetzt werden, die Altmaier dafür ab 2014 jährlich aufbringen will, steht noch nicht fest. Zu der Offensive gehört auch der Start einer Website "die-stromsparinitiative.de", den Altmaier nach dem Treffen mit den Verbandsvertretern am Mittwochabend vornahm. Hier können Bürger selbst ihren Verbrauch berechnen und auch erfahren, wo die nächsten Berater sitzen. Begleitet wird das Ganze durch eine groß angelegte Werbekampagne.
Altmaier ist beim Energiesparen in Zugzwang, um die ambitionierten Ziele der Energiewende einhalten zu können. Mindestens beim Strom geht es auch darum, den Anbietern ein Schnippchen zu schlagen, mit denen der Minister seit Mittwoch im Clinch liegt. Altmaier kritisierte offen, dass rund 600 Versorger für 2013 satte Anhebungen der Strompreise um durchschnittlich zwölf Prozent angekündigt haben an. Diese Steigerungen, sagte der Minister, seien "schwer zu verstehen" und auch durch die Förderung der erneuerbaren Energien nicht zu begründen.Berlin. Die Stromkonzerne verlangen nach Einschätzung des Bundes der Energieverbraucher ab dem kommenden Jahr zuviel Geld von ihren Kunden: Aufgrund der staatlich veranschlagten Mehrkosten dürften die Strompreise ab 2013 um sechs Prozent steigen - die Konzerne hätten im Schnitt aber Preiserhöhungen um zwölf Prozent angekündigt, sagte der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters. "Die Stromkunden werden dreist mit 2,1 Milliarden Euro abkassiert." Die Konzerne würden sich mit den Mehrkosten durch die Energiewende "herausreden".
Ab dem kommenden Jahr steigt die Umlage für die Förderung der erneuerbaren Energien, die EEG-Umlage, von derzeit 3,59 Cent pro Kilowattstunde auf 5,28 Cent. Auch das Netznutzungsentgelt wird im kommenden Jahr voraussichtlich steigen. Neu hinzu kommt eine Haftungsumlage für den Anschluss von Offshore-Windenergieanlagen. afp
Meinung
Echtes Potenzial verfehlt
Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger
Umweltminister Peter Altmaier will mit den alten Kühlschränken die Energiefresser aus den Haushalten verbannen. Das ist gut gemeint, wird aber wenig bringen. Selbst wenn die alten Geräte ausgemustert werden (und nicht für das Bier im Keller landen), setzt Altmaier beim geringsten Sparpotenzial an. Denn weniger der Strom als die Heizenergie ist es, bei der wirklich was zu holen ist. Gerade bei den Heizungen besteht erheblicher Nachholbedarf - und ordentliche Fenster können ebenso wie eine Dämmung den Energieverbrauch weit effektiver senken als ein neuer Kühlschrank. Die Förderung der Gebäudesanierung bleibt aber eine Hängepartie - die Entscheidung über eine Förderung energetischer Sanierungen hängt im Vermittlungsausschuss fest. Statt bei Kühlschränken sollte Altmaier seine Energie besser hier investieren.
Hintergrund
Die Landesregierung steht Städten und Gemeinden bei Energieeffizienzprojekten mit Förderprogrammen zur Seite. Das kündigte Wirtschafts-Staatssekretär Jürgen Barke an. Städte und Gemeinden als große Verbraucher hätten eine Vorbildfunktion.
Bei den Projekten helfe einerseits die Saarländische Investitions-Kredit-Bank SIKB mit ihren KfW-Programmen, aber auch das Land stehe den Kommunen bei der Energiewende zur Seite: Über das Landes-Programm "ZEP Kommunal" könnten fast 40 Prozent der Kosten für Effizienzmaßnahmen abgedeckt werden. Im Sommer wurden dafür sieben Millionen Euro neu zur Verfügung gestellt. Auch das Programm "Klima Plus Saar" unterstütze kommunale Konzepte. red