„Alles andere als eine Teeparty“

Bekannt wurde Tommy Lee Jones durch Actionfilme (Darsteller-Oscar für „Auf der Flucht“) und an der Seite von Will Smith in der „Men in Black“-Trilogie. Sein zweiter Kinofilm als Regisseur ist der Western „The Homesman“. Darin führt die amerikanische Pionierin Mary Cuddy (Hilary Swank) drei labile Frauen zurück in die Zivilisation – unterstützt vom Outlaw George Briggs (Tommy Lee Jones). SZ-Mitarbeiter Dieter Oßwald hat mit Jones gesprochen.

 Hilary Swank als taffe Farmerin Mary Cuddy. Fotos: Universum Film

Hilary Swank als taffe Farmerin Mary Cuddy. Fotos: Universum Film

 Tommy LeeJones

Tommy LeeJones

Dies ist Ihre zweite Regie fürs Kino. Haben Sie es bereut, nicht schon früher auf dem Regiestuhl gesessen zu haben?

Jones: Ich habe auch schon zwei Filme fürs Fernsehen gedreht, für mich gibt es keine Unterschiede zum Kino. Tatsächlich hätte es mich gefreut, wenn ich in jüngeren Jahren schon die Gelegenheit bekommen hätte, selbst Regie zu führen.

War der Humor des Films in der Romanvorlage bereits vorhanden?

Jones: Ich habe das Buch nur einmal gelesen. Beim zweiten Durchgang habe ich nur noch all das herausgestrichen, was für einen Film nicht taugt. Soweit ich mich erinnern kann, war das Buch nicht besonders amüsant. Für einen Film, der so extrem daherkommt, ist Humor allerdings unglaublich hilfreich.

Das Schicksal des Helden ist früher besiegelt, als es in Hollywood üblich ist. Wie kamen Sie auf diese Überraschung?

Jones: Das stand bereits so in der Vorlage. In diesem Film geht es darum, wie Frauen an den Rand gedrängt und zu Objekten gemacht werden. Deshalb steht der Blickwinkel der Frauen im Mittelpunkt. Mary ist ein guter und großzügiger Mensch, sie möchte diesen psychisch kranken Frauen helfen und glaubt, das ganze Elend dieser Welt auf ihren Schultern tragen zu können - was ihr natürlich nicht gelingt. Denn Mary hat mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen, die sehr verstörend sind.

Im Unterschied zum klassischen Western sind Ihre Siedler wenig erfolgreich. Gleich drei Frauen in dem kleinen Kaff verfallen in der Wildnis dem Wahnsinn…

Jones: Für viele muss dieses Leben in der Wildnis eine enorme Enttäuschung gewesen sein. Der Versuch, ein europäisches Modell von Ackerbau und Viehzucht auf die amerikanische Prärie zu übertragen, hat nicht funktioniert. Die Siedler mussten ihre Häuser aus Dreck und Steinen bauen oder in Erdlöchern hausen. Um zu überleben, arbeiteten auch die Frauen bis zur Erschöpfung. Sie hatten kein soziales Leben und die Kindersterblichkeit lag bei 65 Prozent. Das war alles andere als eine Teeparty auf dem Land.

Was sagt der Regisseur eines Frauen-Westerns über die Lage der Frauen heutzutage?

Jones: Frauen in der ganzen Welt, auch bei uns in Amerika, werden noch immer häufig nicht gleichberechtigt behandelt. Um diese Ungerechtigkeiten von heute zu verstehen, sollte man einen sorgfältigen Blick in die Vergangenheit werfen und nachschauen, was damals schon schiefgelaufen ist.

Wie kam Meryl Streep in Ihren Film?

Jones: Ich bot ihrer Tochter Grace die Rolle von Arabelle, einer der verrückten Frauen, an und sie hat zugesagt. Später traf ich zufällig Meryl und sie erzählte, dass ihr das Drehbuch gut gefiele. Auf ihre Frage, ob es eine Chance gäbe, die alte Frau am Schluss zu spielen, meinte ich, ich würde es mir überlegen. Nachdem sie gegangen war, machte ich Luftsprünge.

Wie schon in "Brokeback Mountain" hat Kameramann Rodrigo Prieto prächtige Bilder für die Prärie gefunden.Wie sah Ihre Zusammenarbeit aus?

Jones: Ich habe jede Einstellung vorgegeben und Rodrigo hat sie wunderbar ins Licht gesetzt. Wir denken ziemlich ähnlich.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen dem Regisseur Jones und dem Schauspieler Jones?

Jones: Wenn man Produzent, Autor, Regisseur und Schauspieler gleichzeitig ist, wird jeder einzelne dieser vier Jobs einfacher. Schon deshalb, weil man in dieser Position immer genau weiß, was Stand der Dinge ist.

Der Film läuft ab morgen in der Camera Zwo (Sb). Kritik in unserer Beilage treff.region.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort