Alice Schwarzer auf Abwegen

Peter Stefan Herbst Chefredakteur saarbruecker-zeitung.de/woche Liebe Leserinnen, liebe Leser, juristisch ist der Fall wohl bereinigt: Alice Schwarzer hat mit einer Selbstanzeige ihren Steuerbetrug eingeräumt und für zehn Jahre 200 000 Euro und Säumniszinsen nachgezahlt.

Sie bekennt allerdings, dass sie bereits seit den 1980er Jahren ein Konto in der Schweiz hatte. Ein langer Zeitraum ist demnach bereits verjährt, in dem Zinsen eingestrichen und die entsprechenden Steuern der Allgemeinheit vorenthalten wurden .

Auch bei einer besonders krassen Form der Doppelmoral hat sich die Frauenrechtlerin selbst überführt. Ihre Reaktionen auf die Veröffentlichung des Steuerbetrugs durch den "Spiegel" sind uneinsichtig und abwegig. Ihre Erkenntnis "Das Private ist politisch" soll im eigenen Fall nicht gelten. Sie sieht sich als Opfer von Denunziation und Rufmord, weil ihr Steuergeheimnis verletzt wurde. Allerdings geht es im Kern gar nicht um rechtliche Fragen. Oft hat die Ikone der Frauenbewegung die moralische Keule geschwungen, während sie sich selbst unmoralisch verhielt. Wer Steuern hinterzieht, aber Steuermittel für eigene Projekte einfordert und auch bekommt, handelt nicht redlich. Besonders diejenigen, die eine Gesellschaft verbessern wollen, dürfen sich den eigenen finanziellen Verpflichtungen hierzu nicht entziehen. Deshalb hat Schwarzer mit ihrem Verhalten auch die eigenen Ziele verraten und mit ihrer Reaktion die angeschlagene Glaubwürdigkeit weiter beschädigt.

Aus steuerlicher Sicht mag dieser Fall wegen des grundsätzlich fragwürdigen Konstrukts der strafbefreienden Selbstanzeige erledigt sein. Die Debatte um Steuern, Ehrlichkeit, Verantwortung und Moral ist es nicht. Und das ist auch gut so.

In diesem Sinne ein schönes Wochenende

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort