Abschied von der guten alten BRD

Saarbrücken. Geschickt verzahnte Erzählstränge machen die Gefühls- und Gedankenwelt vor und nach der Wende greifbar - Hoffnung und Euphorie, Ernüchterung und Enttäuschung. Enge Freunde sind Schimmangs Figuren: der Ministerberater Gregor Korff und der Verfassungschützer Leo Münks. Einen engen Freund hatte Korff mit Nott auch schon in seiner Kindheit, obwohl sie später getrennte Wege gehen

Saarbrücken. Geschickt verzahnte Erzählstränge machen die Gefühls- und Gedankenwelt vor und nach der Wende greifbar - Hoffnung und Euphorie, Ernüchterung und Enttäuschung. Enge Freunde sind Schimmangs Figuren: der Ministerberater Gregor Korff und der Verfassungschützer Leo Münks. Einen engen Freund hatte Korff mit Nott auch schon in seiner Kindheit, obwohl sie später getrennte Wege gehen. Der alte Schuppen, den sie sich damals hergerichtet hatten, um sich in Beckettschem Weltschmerz zu suhlen und genüsslich die Zeit vergehen zu lassen, steht für ein Glück, für einen behaglichen Optimismus und eine sichere Ordnung, die später im Einheits-Überschwang nicht mehr leicht zu finden sind.Stets hält Schimmang den Spannungsbogen. Die Entwicklung über Westberliner Studienzeiten, Korffs aufblühende und abebbende Faszination für linksradikale Gruppen, sein Weg zum Ministerberater in Bonn, Münks philosophische Sicht seiner Arbeit für den Nachrichtendienst und die letztendliche Desillusionierung der beiden sind stringent, detailreich und nicht ohne Humor geschildert. Privates ist eng mit Politischem verschlungen, die Geschichte drängt nicht nur in die Wohnzimmer: Schleyers Ermordung, Bad Kleinen, Barschel, der Mauerfall. Denken und Handeln aller Hauptfiguren und natürlich auch das der vereinzelt auftretenden realen, ist ein politisches. Es wird analysiert, hinterfragt und sich geängstigt um Wohl und Wehe der guten alten BRD, die nun gnadenlos in ein neues Zeitalter torpediert wird. Schimming beherrscht die Kunst das Andeutens und langsamen Enthüllens. Er erzählt mit dem im Zonenrandgebiet groß gewordenen Korff auch von einer wachen, kritischen Liebe zum eigenen Land, das nach der Einheit ein anderes sein wird - ohne Pathos, aber mit Traurigkeit und Wehmut. rrLesung: Heute 20 Uhr, Künstlerhaus, Karlstraße 1, Sb.

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