Neue Übersicht Abgas-Skandal kostet VW bereits 27 Milliarden Euro

Wolfsburg · Milliarden für E-Mobilität, große Pläne für vollvernetzte Autos: Mit aller Macht versucht VW nach vorne zu blicken. Gleichzeitig peilt der Autogigant erneut Rekordzahlen bei den Auslieferungen an.

All dies lässt beinahe vergessen, dass der Skandal mit Millionen manipulierter Dieselmotoren VW noch lange beschäftigen wird. Denn die Liste der juristischen Fronten ist lang.

Anlegerklagen: Gut 27 Milliarden Euro hat der Abgas-Skandal VW schon gekostet. Aber auch Investoren haben viel Geld verloren. Denn nach Aufdeckung des Betrugs durch US-Behörden im September 2015 brach der Kurs der VW-Aktie ein. Anleger verlangen dafür Schadenersatz. Der Vorwurf: VW habe die Märkte zu spät über das Dieseldrama informiert. Das Musterverfahren am Oberlandesgericht Braunschweig ging gestern nach zweimonatiger Unterbrechung weiter. Insgesamt machen die Kläger rund neun Milliarden Euro Schadenersatz geltend. Der Vorsitzende Richter Christian Jäde sagte, zwischen Bekanntmachung des Skandals und der Ad-Hoc-Mitteilung von Volkswagen sei der Kurs um mehr als 30 Prozent eingebrochen. Gute Nachrichten für den Konzern sind das sicher nicht. Die Verhandlung wird Ende März fortgesetzt.

Strafrecht: Es laufen Ermittlungsverfahren gegen zahlreiche frühere oder aktuelle VW-Mitarbeiter – gegen 42 wegen Verdachts der Software-Manipulation rund um den Stickstoffdioxidausstoß, gegen sechs im Zusammenhang mit falschen CO2- und Verbrauchsangaben. In drei Fällen geht es um Marktmanipulation, hinzu kommen Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter, der zum Löschen von Daten aufgerufen haben soll. Bis jedoch eine Entscheidung über eine mögliche Anklage fällt, dürfte es gerade im Fall der Marktmanipulation dauern. Hier haben die Behörde Ex-Konzernchef Martin Winterkorn, Vorstandschef Herbert Diess und den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch im Visier. Bei Winterkorn geht es zudem um möglichen Betrug.

Zivilklagen: Was wäre, wenn Volkswagen seine Kunden in Europa wie in den USA nach der Abgas-Affäre hätte entschädigen müssen? Eine Reihe von Diesel-Besitzern in Deutschland will es wissen: Laut Volkswagen sind gut 28 000 Verfahren von Diesel-Besitzern gegen Händler oder Hersteller anhängig. Rund 9000 Urteile seien ergangen, Klagen von Volkswagen-Kunden blieben „überwiegend erfolglos“. Auf der Ebene der Oberlandesgerichte gebe es bisher 13 Urteile, alle im Sinne des Unternehmens beziehungsweise seiner Händler.

Die US-Kanzlei Hausfeld, die VW-Kunden in dem Skandal vertritt, forderte den Autobauer auf, in Deutschland zugelassene Diesel mit Betrugssoftware zurückzunehmen. Im März urteilte das Landgericht Hamburg, ein VW-Händler müsse ein Fahrzeug mit Schummelsoftware zurücknehmen und dem Kunden einen einwandfreien Neuwagen geben. Das Oberlandesgericht Hamburg dagegen sah dies Mitte November etwas anders. In einem anderen Fall entschied das Landgericht Augsburg, dass VW dem Besitzer eines Diesel-Autos den vollen Kaufpreis zuzüglich Zinsen zurückerstatten muss. Volkswagen bezeichnete das Urteil als „rechtsfehlerhaft“. In einem Statement hieß es: „Wir werden dagegen Berufung einlegen und gehen davon aus, dass das vorliegende Urteil in der Berufungsinstanz korrigiert werden wird.“ Laut VW gibt es keine Rechtsgrundlage für Kundenklagen. Die Kunden hätten weder Verluste noch Schäden erlitten, die Autos seien sicher und fahrbereit.

Musterfeststellungsklage: Seit November tun sich mit Hilfe der Musterfeststellungsklage für Klagewillige neue Möglichkeiten auf. Verbraucherschützer können seitdem stellvertretend für viele Betroffene gegen Unternehmen klagen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband will mit Hilfe des neuen Instruments VW das Fürchten lehren.

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