Große Steuerreform im Eiltempo Geschenk für Großspender und Donald Trump

Washington Als klar war, dass ihn nur noch ein kleiner Schritt von seinem Ziel trennt, bemühte Donald Trump auch schon den Superlativ. Letzte Nacht habe man die größten Steuersenkungen, die größte Reform in der Geschichte der Vereinigten Staaten beschlossen, triumphierte er am Wochenende auf einer Spendengala in New York. „Wir werden das Land wachsen lassen, wir werden Jobs wachsen lassen, wir werden alles wachsen lassen.“

Indem der Senat in der Nacht zum Sonnabend ein Steuergesetz verabschiedete, ist es dem US-Präsidenten erstmals gelungen, eines seiner zentralen Vorhaben im Kongress durchzusetzen. Da das Repräsentantenhaus einer ähnlichen Novelle bereits im November grünes Licht gab, ist zu erwarten, dass sich beide Kammern relativ schnell auf einen Kompromiss einigen werden und Trump den „Tax Cuts and Jobs Act“ noch vor Weihnachten unterschreiben kann.

Kern des Entwurfs, den der Senat mit einer Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen passieren ließ, ist die Reduzierung der Unternehmenssteuer von 35 auf 20 Prozent. Während dies zeitlich unbefristet gelten soll, soll die Einkommenssteuer vorerst nur bis 2025 und zudem in weitaus geringerem Maße sinken. Als neuer Spitzensatz werden 38,5 Prozent angepeilt, im Vergleich zu aktuell 39,6 Prozent. Die pauschalen Freibeträge pro Haushalt verdoppeln sich, während bestimmte Abzugsmöglichkeiten gestrichen werden. Kassiert wird ein Passus, der als Eckpfeiler der Gesundheitsreform Barack Obamas galt. Wer etwa als Freiberufler keine Krankenversicherung abschloss, wurde bislang mit einem Steueraufschlag zur Kasse gebeten. Der entfällt, was wohl zur Folge hat, dass Junge und Gesunde millionenfach auf den Erwerb einer Police verzichten, während auf Ältere und Kranke drastisch steigende Prämien zukommen, sofern sie keine Subventionen erhalten. De facto bedeutet es das Ende der Obama-Reform.

Mit welcher Hast die Konservativen ihr Paket schnürten, hat die Demokratin Elizabeth Warren in dramatischer Anschaulichkeit illustriert. Gefilmt von Assistenten, sitzt sie nach Mitternacht vor einem Stapel Papier, fast 500 Seiten, die sie noch nicht gelesen hat und über die sie in einer Stunde abstimmen soll. Handschriftliche Randbemerkungen sind stellenweise nicht zu entziffern. Die Republikaner, wettert die Senatorin, wollten im Eilverfahren durchboxen, was ihre Großspender zufrieden stelle.

Als die „Grand Old Party“ 1986 unter Ronald Reagan an einer Steuerreform bastelte, nahm sie sich dafür über sechs Monate Zeit. Diesmal drückte Mitch McConnell, die Nummer eins des Senats, in einer Weise aufs Tempo, die nicht nur Warren von Verantwortungslosigkeit sprechen lässt. Über allem stand der dringende Wunsch, gegen Ende des ersten Amtsjahres Trumps etwas vorzeigen zu können, was den Präsidenten nicht als reinen Dampfplauderer dastehen lässt.

Noch am Freitag waren es vier, fünf Rebellen, die mit einem Nein drohten. So wollte Susan Collins, eine eher moderate Politikerin aus dem Neuengland-Staat Maine, dass die Grundsteuer (oft ein enormer Betrag) nach wie vor von der Einkommenssteuer abgesetzt werden kann. In mehreren Fälle gab es Kuhhandel, wogegen Bob Corker, ein Trump-Kritiker aus Tennessee, leer ausging. Aus Sorge um ausufernde Defizite hatte er einen Automatismus gefordert, bei dem die Steuern wieder steigen sollten, wenn die Schuldenberge zu schnell wuchsen. Zum Schluss war Corker der einzige Republikaner, der dem Paragrafenwerk seine Zustimmung verweigerte. Was sich damit erledigt hat, ist der Anspruch der Partei, so etwas wie die Gralshüterin fiskalischer Disziplin zu sein, im vermeintlichen Gegensatz zu den Demokraten, die angeblich ungeniert rote Zahlen schreiben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort