Streit um Brexit-Kuchen EU-Staaten verteilen heute Teil des Brexit-Kuchens

Brüssel Der Brexit gilt gemeinhin für alle Beteiligten als Verlierer-Thema. Am Montag gibt es aber etwas zu gewinnen. Zumindest für die Mitgliedsländer der künftigen EU der 27. Dann fällt die Entscheidung, welche Länder den Zuschlag bekommen für die beiden EU-Agenturen, die noch im Vereinigten Königreich ansässig sind, aber spätestens bis zum Austritt des Landes aus der EU auf den Kontinent umziehen müssen. Es geht um die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und um die Arzneimittelbehörde (EMA). Die EBA hat 189 Mitarbeiter, die EMA sogar 890. Abgestimmt wird in der Sitzung des Rates für Allgemeine Angelegenheiten. Stimmberechtigt sind 27 Vertreter aus allen EU-Hauptstädten außer London. Das Vereinigte Königreich darf nicht mehr mitstimmen. 

Die Mitgliedsländer reißen sich geradezu um die Agenturen. Es geht nicht nur um die Ansiedlung von Behörden mit hochkarätigen Jobs. Zudem lockt die Aussicht, spätestens ab 2019 für die EU-Gemeinde internationale Kongresse und Konferenzen durchführen zu können. Deutschland bewirbt sich gleich um beide Agenturen. Die Arzneimittelagentur soll nach Bonn gehen, Frankfurt will gern die Bankenaufsicht haben. Frankfurt hat bei seiner Bewerbung mit Pfund gewuchert, die wichtigste EU-Finanzhauptstadt auf dem Festland zu sein. Die Frankfurter rechneten sich von Anfang an gute Chancen aus, den Zuschlag zu bekommen. Sie mussten aber im Bewerbungsverfahren einen Rückschlag hinnehmen, weil die Kommission nach der Sichtung der Bewerbungen einige Dinge bemängelt hatte. So wurde etwa kritisiert, dass in der Bewerbung der Hessen nicht eigens aufgeführt wurde, ob man von Frankfurt gute Flugverbindungen in alle EU-Hauptstädte bieten kann. Drei weitere Mitgliedsländer haben Doppelkandidaturen laufen: Das sind Belgien, Frankreich und Österreich.

Als beim vorigen Mal innerhalb der EU Agenturen verteilt wurden, soll es zugegangen sein wie auf dem Basar. Länder mit chancenlosen Kandidaturen haben ihre Stimme anderen Ländern angeboten und sich dafür im Gegenzug deren Zustimmung bei irgendwelchen anderen Abstimmungen gesichert. Dem Vernehmen nach soll sich ein Land damals so eine Erhöhung der Quote für die Milchbauern erstritten haben. Damit sich dieses Schauspiel Montag nicht wiederholt, hat EU-Ratspräsident Donald Tusk das Abstimmungsverfahren an sich genommen. Jeweils bis zu drei Wahlgänge sind je Agentur vorgesehen. Die erste Abstimmung ist gegen 16 Uhr geplant. In Brüssel geht man davon aus, dass frühestens um 19 Uhr feststeht, wohin die Mitarbeiter der Agenturen umziehen.

Zuerst wird über die Arzneimittelagentur abgestimmt. Das ist ein Vorteil für Bonn. Denn: Ein Land bekommt nur den Zuschlag für eine einzige Agentur. Das sind die Spielregeln. Sollte Bonn, der Stadt werden eher Außenseiterchancen eingeräumt, dabei zum Zuge kommen, wäre Frankfurts Bewerbung für die EBA hinfällig. Im ersten Wahlgang darf jedes Mitgliedsland sechs Punkte frei vergeben: Der Kandidat, der  14 Mal sechs Punkte holt, gilt als gewählt. Es wird jedoch damit gerechnet, dass jeweils noch zwei Runden fällig sind, bis die beiden Sieger feststehen. In der dritten Runde bei der Stichwahl reicht dann die einfache Mehrheit. Bei Gleichstand entscheidet das Los.

Unklar ist, wer den Zuschlag bekommt und welche Kuhhandel der Entscheidung vorausgehen. Klar ist nur eins: Sollten es sich die Briten doch noch einmal anders überlegen und im Club bleiben, haben sie Pech gehabt. Nach der Abstimmung am Montag ist der Umzug beschlossene Sache.

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