Friedensabkommen in Gefahr Kolumbien stehen wieder unruhige Zeiten bevor

BOGOTA (afp/dpa) Die Stimmen in Kolumbien sind ausgezählt, doch auf die drängendste Frage gibt es noch keine Antwort: Führt der rechtskonservative Iván Duque, der am Sonntag mit 54 Prozent zum neuen Präsidenten gewählt wurde, das Land zurück in den Krieg mit der linken Guerilla-Organisation Farc?

 Iván Duque nach seinem Wahlsieg. Der 41-Jährige steht für eine Politik der harten Hand.

Iván Duque nach seinem Wahlsieg. Der 41-Jährige steht für eine Politik der harten Hand.

Foto: dpa/Fernando Vergara

Den Wahlkampf hatte der politische Aufsteiger zu einem regelrechten Feldzug gegen das Abkommen gemacht, für das Noch-Präsident Juan Manuel Santos den Friedensnobelpreis bekommen hatte. Auf der ganzen Welt wurde der Friede mit den Rebellen vor eineinhalb Jahren gefeiert, doch in Kolumbien selbst ist der Deal ausgesprochen umstritten. Santos erhielt für die Einigung zu Hause nichts als Prügel und scheidet Anfang August als einer der unbeliebtesten Staatschefs der Geschichte aus dem Amt.

Die Vorteile des Vertrags lassen sich aber nicht leugnen. Mit ihrer Unterschrift zogen Santos und Farc-Chef Rodrigo „Timochenko“ Londoño nach mehr als einem halben Jahrhundert einen Schlussstrich unter die Gewalt. In dem Konflikt waren mehr als 220 000 Menschen ums Leben gekommen und Millionen vertrieben worden. Die Farc haben inzwischen die Waffen niedergelegt und wollen nun als politische Partei für ihre Ziele eintreten. Der Frieden hat allerdings seinen Preis. Für ihre schweren Verbrechen haben die Rebellen nur mit relativ milden Strafen zu rechnen. Zudem erhalten sie für zwei Legislaturperioden zehn Sitze im Kongress garantiert. Viele Kolumbianer wollen sich aber nicht damit abfinden, dass die Guerilleros nach all dem Leid, den Toten und der Gewalt nun fast ungeschoren davonkommen sollen.

Duque will einige Punkte im Friedensabkommen ändern. Vor allem soll festgeschrieben werden, dass die Farc-Mitglieder keine öffentlichen Ämter antreten können, solange sie ihre Strafen nicht verbüßt haben. „Wir werden den Vertrag nicht in Stücke reißen, aber wir werden sicherstellen, dass der Friede allen Kolumbianern zugute kommt“, sagte er nach seinem Wahlsieg. Allerdings könnten selbst kleine Änderungen an dem über Jahre hinweg mühsam ausgehandelten Vertragstext die Rebellen wieder in den Dschungel treiben. Viele sind schon jetzt mit der Umsetzung nicht zufrieden. Sie werfen der Regierung vor, ihnen nicht ausreichend Schutz und Unterstützung bei der Rückkehr ins zivile Leben zu gewähren. Noch hält die Führungsriege der Farc aber an der Einigung fest. „Wir haben die friedlichsten Wahlen der letzten Jahrzehnte erlebt, der Friedensprozess trägt Früchte“, erklärte Londoño. „Wir akzeptieren die Entscheidung der Mehrheit und gratulieren dem neuen Präsidenten. Jetzt beginnt die Arbeit, die Wege der Hoffnung sind offen.“ Er sei bereit, sich mit Duque zu treffen und über die Zukunft des Friedensprozesses zu beraten.

Der erst 41 Jahre alte Duque wird nach seiner Vereidigung der jüngste Präsident Kolumbiens seit fast 150 Jahren sein. Der dreifache Familienvater tritt lässig und leutselig auf. Das Gesicht des modernen Kolumbien repräsentiert er aber nicht – eher steht er für die Rückkehr der alten rechtskonservativen Eliten an die Macht. Duque ist vehement gegen die Linken, er lehnt die Homo-Ehe ab und die Legalisierung von Drogen. Gegen den sozialistisch regierten Nachbarstaat Venezuela will er einen harten Kurs fahren. Die schwere Wirtschaftskrise dort nutzte er auch als Munition gegen seinen linken Gegenkandidaten Gustavo Petro.

Nach dem polarisierenden Wahlkampf wird Duque das Land wieder einen müssen. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, wie tief der Riss ist, der durch die Gesellschaft geht.

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