78 Milliarden für Schuldensünder Portugal

Lissabon. "Meine oberste Pflicht ist es, die Portugiesen zu beruhigen." Das mit EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ausgehandelte Rettungspaket sei "ein gutes Abkommen", versicherte José Socrates, Portugals sozialistischer Übergangs-Ministerpräsident

Lissabon. "Meine oberste Pflicht ist es, die Portugiesen zu beruhigen." Das mit EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ausgehandelte Rettungspaket sei "ein gutes Abkommen", versicherte José Socrates, Portugals sozialistischer Übergangs-Ministerpräsident. Die ausgehandelten Sparauflagen, mit denen innerhalb von drei Jahren der riesige Schuldenberg abgebaut werden soll, seien nicht so schlimm wie befürchtet, sagte Socrates. EU und IWF wollen Portugal mit einem 78 Milliarden Euro schweren Kredit zu günstigen Zinsen aus der Klemme helfen. Das Rettungsabkommen muss aber noch offiziell von den Kreditgebern gebilligt werden. Davon sollen offenbar allein zwölf Milliarden zur Stabilisierung wackelnder portugiesischer Banken dienen.Die knapp elf Millionen Portugiesen fürchten trotz der Beteuerungen des Regierungschefs, dass sie den Gürtel noch enger schnallen müssen. Am Freitag wollen die Gewerkschaften mit einem Generalstreik des Öffentlichen Dienstes das Land lahm legen. Sie protestieren gegen weitere Einsparungen auf Kosten der Bürger und "für eine Verteidigung der öffentlichen Dienstleistungen". Portugal ist nach Griechenland und Irland das dritte Euro-Land, das mit internationaler Hilfe vor der Staatspleite gerettet werden muss.

Das Rettungspaket sieht nach portugiesischen Medienberichten neue Einschnitte in soziale Leistungen wie etwa beim Arbeitslosengeld, Kürzung der Renten über 1500 Euro und ein weiteres Abspecken des aufgeblähten portugiesischen Staatsapparates vor. Die Kasse soll zudem durch Steuer- und Gebührenerhöhungen, mit dem Verkauf staatlicher Unternehmensanteile aufgefüllt werden.

Die portugiesische Neuverschuldung, die in 2010 trotz schmerzhafter Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen nicht nennenswert zurückgefahren werden konnte und immer noch bei 9,1 Prozent lag, soll im laufenden Jahr auf 5,9 Prozent sinken. 2013 muss Portugal dann wieder, so die Vorgaben, die Euro-Stabilitätsgrenze von maximal drei Prozent Neuschulden erreicht haben.

Auch wenn es im Öffentlichen Dienst laut Socrates "keine Entlassungen" geben soll, fordern EU und IWF eine sehr viel schlankere Verwaltung. Das Heer der mehr als 500 000 Amtsdiener soll zurechtgestutzt werden, indem freiwerdende Stellen nicht mehr besetzt werden. Zu den Auflagen gehört auch die völlige Privatisierung der staatlichen Fluglinie TAP, der Energiekonzerne EDP und REN sowie der Banco Portugues de Negocios.

Beobachter gehen davon aus, dass der Rettungsplan Portugal zwar eine Atempause bringt, aber demnächst noch mehr an der Sparschraube gedreht werden muss. Zumal die Arbeitslosigkeit auf eine Quote von zwölf Prozent zusteuert, die Wirtschaft weiter schrumpft und so der Staat vorerst keine zusätzlichen Einnahmen erwarten kann. Auch die politische Unsicherheit hemmt eine schnelle Erholung. Socrates war nach dem Scheitern seiner Sparpolitik im März zurückgetreten, am 5. Juni wird eine neue Regierung gewählt.

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