20 Euro mehr für einige Hartz-IV-Aufstocker

Berlin. Von der groß angekündigten Verbesserung der Hinzuverdienstregeln für Hartz-IV-Empfänger ist kaum etwas übrig geblieben. FDP und Union einigten sich mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Nacht zum Freitag darauf, eine kleine Minderheit um bis zu 20 Euro im Monat besser zu stellen. Die Neuregelung soll in die Reform der Hartz-IV-Regelsätze eingearbeitet werden

Berlin. Von der groß angekündigten Verbesserung der Hinzuverdienstregeln für Hartz-IV-Empfänger ist kaum etwas übrig geblieben. FDP und Union einigten sich mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Nacht zum Freitag darauf, eine kleine Minderheit um bis zu 20 Euro im Monat besser zu stellen. Die Neuregelung soll in die Reform der Hartz-IV-Regelsätze eingearbeitet werden. Wann das Gesetz in Kraft tritt, ist ungewiss. In einem Positionspapier, das unserer Zeitung vorliegt, machen die SPD-regierten Bundesländer erheblichen Korrekturbedarf geltend. Eigentlich wollte die FDP die Hinzuverdienstgrenzen massiv ausweiten, um Hartz-IV-Empfänger dazu zu animieren, sich eine Vollzeitbeschäftigung zu suchen. Doch das verhinderte die Union. Durch die geltenden Bestimmungen werden eher geringe Hinzuverdienste begünstigt. Hat ein Hartz-IV-Empfänger zum Beispiel noch einen 400-Euro-Job, dann kann er davon 160 Euro behalten, ohne dass ihm die staatliche Stütze geschmälert wird. Bei einem Verdienst von 1000 Euro bleiben ihm 260 Euro übrig. Künftig sollen es nun 280 Euro sein. Dazu wird die Anrechnungsregelung im Bereich zwischen 800 und 1000 Euro geändert. Alle übrigen Bestimmungen bleiben unverändert. Das bedeutet: Bei einem allein stehenden Hartz-IV-Bezieher bleiben künftig bis zu 300 Euro vom Hinzuverdienst anrechnungsfrei (jetzt 280 Euro). Bei einem Verheirateten mit Kindern sind es bis zu 330 Euro (jetzt 310 Euro).Von der Neuregelung profitiert nur ein Teil der sogenannten Aufstocker, die ihren Niedrigverdienst durch Hartz IV auf das Existenzminimum heben. Die Zahl der Aufstocker beläuft sich auf insgesamt 1,4 Millionen. Nur etwa 380 000 davon verdienen mehr als 800 Euro. Wer weniger Arbeitseinkommen erzielt, fällt also nicht unter die Neuregelung. "Wir hätten uns gern mehr gewünscht", räumte der FDP-Arbeitsmarktexperte Heinrich Kolb ein. Wegen des angespannten Haushalts sei dies aber nicht vertretbar gewesen. Ein ursprüngliches Modell der Liberalen hätte bis zu 1,4 Milliarden Euro gekostet. Nach Kolbs Angaben beläuft sich der zusätzliche Finanzbedarf nun auf 200 Millionen Euro. Die neue Regelung soll eigentlich am 1. Januar in Kraft treten. Der Zeitplan ist aber kaum zu halten. Denn die SPD-regierten Bundesländer stellen in einem 19 Seiten umfassenden Papier das geplante Gesetz zur Hartz-IV-Reform grundlegend in Frage. So kritisieren die Länder zum Bespiel, dass für Paare ohne Kinder keine eigenständige Bedarfsermittlung erfolgt sei. Auch erfülle die Abgrenzung der Referenzhaushalte für die Ermittlung des neuen Regelsatzbedarfs "nicht die Anforderung des Bundesverfassungsgerichts". Das Bildungspaket für Kinder wird ebenfalls als unzureichend eingestuft. Darüber hinaus fordern die Länder konkrete Angaben über den zusätzlichen Personalaufwand in den Jobcentern und den Trägern der Sozialhilfe. Ohne Zustimmung der SPD-Länder im Bundesrat kann das Gesetz nicht in Kraft treten. Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, sprach von einer "fachpolitischen Ohrfeige" für die Bundesarbeitsministerin. Für die SPD werde das Gesetz eine Nagelprobe. "Faule Kompromisse darf es nicht geben." Meinung

Nur ein Mäuslein

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein: Selten ist eine großspurig angekündigte Gesetzesänderung so pulverisiert worden wie jetzt bei den Hinzuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Empfänger. Ganze 20 Euro mehr dürfen sie von ihrem Arbeitseinkommen behalten. Und das auch nur, wenn der Job mindestens mit 1000 Euro im Monat vergütet wird. Die FDP wollte weit mehr durchsetzen. Nun steht sie blamiert da. Es hat aber auch sein Gutes, dass die Union die FDP ausbremste. Die massive Ausweitung der Hinzuverdienstgrenzen wäre ein fatales Signal an den Arbeitsmarkt gewesen. Denn sie begünstigt ein schon viel zu häufig praktiziertes Lohndumping. Warum den Beschäftigten so viel zahlen, wenn der Staat die Bezüge aufstockt? So denken leider nicht wenige Unternehmer. Dass die Union Schlimmeres verhindert hat, ist jedoch weniger der höheren Einsicht als schlichten Haushaltszwängen geschuldet.

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