100 Tage Koalition Schwarz-Orange regiert in Bayern geräuschlos

München · (dpa) Nein, Bayern droht nicht zu kippen. Und die Demokratie im Freistaat wackelt auch nicht. Warnungen und Drohszenarien der CSU vor der Landtagswahl im vergangenen Herbst sind nicht einmal ansatzweise Realität geworden.

Tatsächlich reichte es für die CSU ja auch, wenn auch nicht für die Fortsetzung der gewohnten Alleinregierung, dann doch für die Wunschkoalition mit den Freien Wählern. Die ersten 100 Tage sind am 14. Februar um. Eine erste Bilanz fällt zum Valentinstag unaufgeregt aus.

Ganz schön zügig ging es am Anfang: Die schwarz-orangen Verhandlungen liefen schnell, im Vergleich zum zähen Ringen anderer Regierungsbildungen. Am 5. November wurde der Koalitionsvertrag unterzeichnet, am 6. November Markus Söder zum Ministerpräsidenten gewählt, am 12. November das Kabinett vereidigt. Die Freien Wähler übernahmen als Juniorpartner drei Ministerien: Wirtschaft, Kultus und Umwelt. Fertig.

Geliefert hat die Koalition seither auch schon: Beim Prestigeprojekt der Entlastung von Familien mit kleinen Kindern. Ab April übernimmt der Freistaat pro Monat und Kind 100 Euro Kindergartenbeitrag – und zwar durchgängig und nicht wie bisher nur fürs dritte Kindergartenjahr.

Ganz reibungslos verlief der Start aber nicht, vor allem nicht für die Freien Wähler. So gaben diese schnell ihren Widerstand gegen die vielen Regierungsbeauftragten auf und dürfen nun zwei der Posten selbst besetzen. Ärger gab es auch für ihren Plan, auf einzelne Flutpolder an der Donau zu verzichten. Inzwischen musste das Kabinett zurückrudern: Der geplante Verzicht soll erst einer „vertieften Prüfung“ unterzogen werden. Auch das Volksbegehren Artenvielfalt, das wohl locker die nötige Zahl Unterschriften bekommen dürfte, zwingt die Staatsregierung zum Handeln: Söder will nun einen runden Tisch dazu – und möglichst einen gemeinsamen Gesetzentwurf.

In Sachen Geld ist sich Schwarz-Orange einig: Als eine ihrer ersten Amtshandlungen hat die Staatsregierung den Haushalt in neue Rekordhöhen getrieben. Um sechs Prozent soll der Etat in diesem Jahr wachsen. Söder, sein Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) & Co. verteidigen die Pläne, Geld sei genug da. Kritiker beklagen indes, dass der Haushalt in finanziell guten Zeiten derart aufgeblasen werde.

Schwarz-Orange braucht allerdings viel Geld, denn die Liste der Versprechen im Koalitionsvertrag ist lang: 2020 soll auch der Krippen-Besuch von Kindern bezuschusst werden. 42 000 neue Betreuungsplätze sollen geschaffen werden, ein 365-Euro-Jahresticket in mehreren großen Städten soll kommen, es soll Tausende neue Lehrer- und Polizeistellen geben. Weitere große Baustellen sind die Energiewende und der Klimaschutz: Er soll Verfassungsrang bekommen. Grüne und SPD bestehen aber auf konkreten Maßnahmen in einem angekündigten Klimaschutzgesetz.

Und die Zukunft? Ist nach fünf Jahren Koalition Schluss? „Es gibt ein sehr hohes Maß an Übereinstimmungen“, sagt Söder. Er betont aber: „Wir werden nicht fusionieren. Jeder hat seinen Stil, seine inhaltlichen Schwerpunkte.“ Wie es nach der nächsten Landtagswahl 2023 weitergeht, darüber will er noch nicht spekulieren: „Die Regierung ist für fünf Jahre gewählt.“

Aiwanger klingt dagegen euphorisch: „Regieren ist viel schöner, weil man Dinge umsetzen kann, effektiv etwas bewegen kann. Ich würde keine Minute mehr mit der Opposition tauschen wollen.“ Und er legt sich für die Zeit nach 2023 schon fest: „Wir wollen den Bürgern zeigen, dass die Koalition stabil arbeitet – ohne ständigen öffentlichen Streit und Regierungskrisen. Und das wollen wir nicht nur für fünf Jahre tun.“

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