100 Milliarden Euro für Dublin?

Brüssel. Europa schnürt nun doch ein 100-Milliarden-Euro Hilfspaket für Irland. Schon heute wollen Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der irischen Regierung mit den Verhandlungen beginnen. Das bestätigte gestern Finanzminister Brian Lenihan nach einem Treffen der 27 Kassenwarte aus den EU-Mitgliedstaaten

Brüssel. Europa schnürt nun doch ein 100-Milliarden-Euro Hilfspaket für Irland. Schon heute wollen Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der irischen Regierung mit den Verhandlungen beginnen. Das bestätigte gestern Finanzminister Brian Lenihan nach einem Treffen der 27 Kassenwarte aus den EU-Mitgliedstaaten. Ein formeller Antrag, Mittel aus dem 750-Milliarden-Hilfsfonds der EU zu bekommen, liegt zwar noch nicht vor. Möglicherweise reiche es auch, "den Notfall vorzubereiten", spekulierte Lenihan. Fest stehe allerdings, dass die Mittel nicht zum Füllen des 32-prozentigen Defizits im laufenden Jahr verwendet werden, sondern direkt an Irlands Banken weitergeleitet werden, die dringend 50 Milliarden Euro brauchen. "Irland hat sich in der Krise bisher stets als verantwortungsvoller Partner gezeigt", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. "Und deshalb weiß man in Dublin auch, dass keiner für sich alleine handeln kann." Sogar das Nicht-Euro-Mitglied Großbritannien ist bereit, den "Nachbarn zu unterstützen", sagte Londons Schatzkanzler George Osborne. Regierungschef Brian Cowen hatte noch am Dienstag betont, man werde "keine Hilfe von außen in Anspruch nehmen". Er will nicht nur vermeiden, dass Dublin als Krisenstaat stigmatisiert wird. Ihm sind vor allem die strengen Auflagen des IWF und der EU ein Dorn im Auge, die faktisch eine Haushaltskontrolle durch Brüssel und Washington bedeuten. Dennoch wurde der Druck auf die Regierung des einstigen Wirtschaftswunderlandes gestern immer größer. Die Krisen-Kandidaten Griechenland, Portugal und Spanien beknieten Dublin gestern, das Angebot anzunehmen. Sie versprechen sich davon geringere Risikozuschläge für eigene Kredite. Die großen Mitgliedstaaten hatten Irland ebenfalls massiv angegangen, die Hilfe anzunehmen. Sie fürchten, dass bei einem Crash auf der Insel auch die eigenen Geldinstitute, die mit Einlagen beteiligt sind, beschädigt werden. Im Gespräch sind zwei Varianten: Zum einen könnte Dublin Gelder aus dem 750-Milliarden-Krisenfonds abrufen und dann an die Geldinstitute weiterleiten. In diesem Fall würde der IWF aber Auflagen wie Vorschriften für staatliche Einsparungen erlassen. Um den IWF rauszuhalten, bliebe nur der zweite Weg: bilaterale Hilfen. Deutschland, Frankreich, Großbritannien sowie weitere Euro-Länder wären dazu offenbar bereit. London soll angeblich mehrere Milliarden Pfand investieren wollen. Gestern Abend gab es keine Zweifel mehr, dass Regierungschef Cowen offiziell um Unterstützung beim Krisenfonds in Luxemburg anklopfen wird. Dessen Chef, der Deutsche Klaus Regling, sagte, sobald die Anfrage vorliege, könne alles "sehr schnell" gehen. "Sehr schnell heißt innerhalb weniger Tage". Und auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bestätigte: "Es ist alles vorbereitet." Ein Rückgriff auf den europäischen Rettungsschirm würde Deutschland zunächst nicht belasten. Der Krisenfonds beschafft sich Geld auf dem Finanzmarkt und vergibt es dann als Darlehen zu einem Zinssatz von fünf Prozent für drei Jahre an Dublin. Die Mitgliedstaaten müssen lediglich als Bürgen bereitstehen.

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