Erster Toter bei „Autopilot“-Fahrt

Stuttgart · Die Autobranche treibt die Entwicklung selbstfahrender Wagen voran. BMW kündigte gestern Pläne für einen Roboterwagen zum Jahr 2021 an. Doch ein Todesfall in den USA wirft Fragen auf.

 In einem Tesla hilft der Computer beim Fahren, aber nach wie vor muss der Fahrer die Hand am Steuer behalten. Foto: Sven Hoppe/dpa

In einem Tesla hilft der Computer beim Fahren, aber nach wie vor muss der Fahrer die Hand am Steuer behalten. Foto: Sven Hoppe/dpa

Foto: Sven Hoppe/dpa

Mehr als eine Million Menschen sterben jedes Jahr bei Verkehrsunfällen weltweit, aber dieser eine Todesfall löste besonders heftige Reaktionen aus. Das sei "eine Katastrophe und ein Horrorszenario" für die Autobranche , sagte gestern der Duisburger Uni-Professor Ferdinand Dudenhöffer . Auch Willi Diez vom Nürtinger Institut für Automobilwirtschaft sprach von einem Rückschlag: "Das wird die Skepsis bezüglich der Sicherheit in einem breiteren Publikum verstärken."

Die Rede ist von einem Unfall in den USA, bei dem erstmals ein Mensch in einem gerade vom Computer gesteuerten Auto ums Leben gekommen war. Das Fahrassistenz-System in der Elektroauto-Limousine Tesla "Modell S" hatte nach Angaben des Herstellers einen Lastwagen-Anhänger nicht erkannt, der den Fahrweg kreuzte. Die Seite des Anhängers war weiß, der Himmel dahinter hell.

Der Vorfall kommt zur Unzeit für die Branche, Autobauer verknüpfen große Hoffnungen mit dem autonomen Fahren. Fahrassistenz-Systeme, die dem Menschen einen Teil der Arbeit abnehmen - das "halbautomatisierte Fahren" - gelten in der Industrie als wichtige Schritte zum vollst ändig selbstfahrenden Auto . Zudem verspricht die Industrie einen drastischen Rückgang der Todesfälle. Denn die weitaus meisten Autounfälle werden durch menschliche Fehler verursacht. Und nun ein Verkehrstoter, obwohl der angeblich so sichere Computer die Fahrt kontrollierte. Tesla, das Unternehmen des Milliardärs Elon Musk, betonte, seine Wagen seien bereits über 130 Millionen Meilen (210 Millionen Kilometer) mit eingeschalteter "Autopilot"-Funktion gefahren. Im regulären US-Straßenverkehr gebe es einen Todesfall pro 94 Millionen gefahrener Meilen.

"Vorsicht ist positiv"

Auf deutschen Straßen sind teilautomatisierte Funktionen bereits im Einsatz, etwa Einparkhilfen oder Stau-Assistenten. Dass ein Fahrsystem die komplette Wegstrecke übernimmt, ist noch Zukunftsmusik. Experte Diez hält es für unwahrscheinlich, dass ähnliche Unfälle in Autos deutscher Hersteller passieren könnten. "Die Firmen hierzulande wollen allerhöchste Sicherheit gewährleisten. Dadurch haben sie aber weniger umfassende Autopilot-Funktionen im Angebot als beispielsweise US-Konkurrent Tesla." Daher seien Daimler, BMW und VW im Vergleich zu internationaler Konkurrenz bei automatisierten Fahrfunktionen hinten dran. "Das wird ihnen häufig zum Vorwurf gemacht, aber jetzt zeigt sich, dass diese Vorsicht überaus positiv ist", sagte Diez. Der Autobauer BMW , der gestern seine Pläne für ein selbstfahrendes Auto zum Jahr 2021 vorstellte, mahnt Geduld an: "Nach unserer Einschätzung lässt der heutige Stand der Technologie noch keine Serienfahrzeuge zu, die im Straßenverkehr automatisch und ohne Unterstützung des Fahrers sicher fahren können."

Und wer ist nun schuld am Unfall in den USA? Dazu gibt es noch keine Angaben, die US-Behörden ermitteln und nehmen auch die Tesla-Technik unter die Lupe. Aber grundsätzlich gilt: Bei teilautomatisiertem Fahren ist der Fahrer verantwortlich, weil er verpflichtet ist, jederzeit eingreifen zu können.

Meinung:

100 Prozent sicher gibt's nicht

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Wie sicher können autonome Autos sein? Der vorliegende Fall zeigt: 100-prozentige Sicherheit wird es noch lange nicht geben. Weder ist die Sensoren-Technik ausgereift genug, noch gibt es eine Kommunikation unter den Autos, die solchen Kollisionen vorbeugt. Auch bei autonom fahrenden Autos sind die Fahrer deshalb gehalten, immer die Kontrolle zu behalten. Die Technik nun wegen des Unfalls komplett zu verdammen, ist aber eine Überreaktion. Letztlich gilt: Wer in ein Auto steigt, setzt sich einem Risiko aus. Die bisherige Erfahrung zeigt: Es ist deutlich größer, wenn Menschen am Steuer sitzen.

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