„Ordentliche Arbeit wird bestraft“

Saarlouis · KVS-Chef Michel ist empört über den Angriff auf das von ihm geführte kommunale Verkehrsunternehmen in Saarlouis.

 KVS-Vorstand Andreas Michel ist seit 1991 im Unternehmen. Foto: KVS

KVS-Vorstand Andreas Michel ist seit 1991 im Unternehmen. Foto: KVS

Foto: KVS

Ein halbes Jahr bangen die 180 Mitarbeiter des kommunalen Saarlouiser Verkehrsbetriebs KVS schon um ihre Arbeitsplätze. Können sie bei der KVS bleiben, oder müssen sie zum privaten Unternehmenskonsortium Saar-Mobil wechseln? Die Entscheidung darüber trifft in den kommenden Wochen das Saar-Wirtschaftsministerium. "Viele Mitarbeiter kamen aus dem privaten Sektor, der uns heute angreifen will. Die möchten da nicht hin", ist sich KVS-Chef Andreas Michel sicher. Dass er damit offenbar Recht hat, zeigten die beiden Demonstrationen gegen eine mögliche Vergabe des wichtigsten Buslinien-Bündels in Saarlouis an Saar-Mobil.

Michel ist empört über das ganze Verfahren. Schließlich zähle die KVS bundesweit zu den wenigen kommunalen Verkehrsbetrieben, die kostendeckend arbeiten. "Wir müssen unser Schicksal in der Hand haben, wir dürfen kein Defizit machen, dann kann uns nichts passieren." Diese Auffassung habe er immer vertreten, sagte Michel. Doch ist das Kerngeschäft der KVS offenbar wegen der guten Bilanz zum Übernahmeziel geworden. Nun "geht es um die Existenz".

Saar-Mobil griff im Oktober die KVS mit einem sogenannten eigenwirtschaftlichen Antrag an. Damit hebelte das Konsortium zunächst die geplante direkte Vergabe von 3,6 Millionen pro Jahr zu fahrenden Kilometer an die KVS aus. Mit solchen Anträgen signalisiert ein Betreiber, weitgehend ohne Zuschüsse fahren zu wollen. "Wenn jetzt das kommunale Unternehmen draufgeht, das seine Zahlen beherrscht, was für ein Zeichen werden wir damit in die kommunale Welt geben?", fragt Michel. "Derjenige, der seine Arbeit ordentlich macht, wird bestraft - das empfinde ich als Perversion." Sollte es etwa für ein kommunales Unternehmen besser sein, Millionenverluste einzufahren, damit sich kein Privater traut, eine Art feindliches Angebot zu machen? "Es gab Berater, die sagten, perspektivisch gedacht wäre es besser, ihr habt drei Millionen Defizit", bestätigt Michel diese Überlegung.

Doch entschieden ist noch nichts. Die KVS hat auch zwei Eisen im Feuer. Sie hat nämlich ebenfalls einen eigenwirtschaftlichen Antrag gestellt und kann darüber den Zuschlag erhalten. Und falls das Ministerium beide Anträge ablehnt, was der Kreistag und die Gewerkschaft Verdi fordern, greift die ursprüngliche Planung, die direkte Vergabe an die KVS.

Auch wenn der Kreistag den eigenwirtschaftlichen Antrag der KVS im Grunde nicht will, hält Michel ihn für solide und konkurrenzfähig. "Bei uns steht nichts auf tönernen Füßen", versichert er. Und wie auch Saar-Mobil bietet die KVS in ihrem Antrag mehr an, als der Kreis ursprünglich forderte: "Wir haben unser jetziges Fahrplanangebot um 250 000 Kilometer erweitert, einen gegenüber der Ausschreibung jüngeren Fahrzeugpark angeboten und die soziale Absicherung noch mal dokumentiert, dass die KVS in den Folgejahren ihre Mitarbeiter weiterhin sozial behandelt. Das haben wir verbindlich zugesichert." Zu den Sozialstandards zählen auch Betriebsvereinbarungen über den Tarifvertrag hinaus, die laut Michel den Busfahrern zum Beispiel über Pausenregelungen Vorteile gegenüber dem Privatsektor bringen. "Es ist ein Unterschied, ob man elf Stunden oder wie bei uns nur 9,5 Stunden aus dem Haus ist, um acht Stunden bezahlt zu bekommen."

Und wenn am Ende doch Saar-Mobil den Zuschlag bekommt? Dann "würde das die öffentliche Hand ziemlich Geld kosten", etwa über Sozialpläne, sagte Michel.

Zum Thema:

Die Gewerkschaft Verdi sieht sich nach der Ablehnung beider eigenwirtschaftlicher Anträge zur Vergabe der Buslinien in Saarlouis durch den Kreistag (wir berichteten) bestätigt. Das Votum stütze die Position der Gewerkschaft, dass die Sozialstandards für die heutigen KVS-Mitarbeiter unter den Bedingungen der Eigenwirtschaftlichkeit "Unser Ziel, die Direktvergabe der Linien an die KVS, ist noch nicht erreicht. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Forderungen nun durchsetzen können", sagte Christian Umlauf von Verdi.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort