Schlingmann geht, Celis und Milton bleiben

Saarbrücken · Heute stellt die Saarbrücker Intendantin Dagmar Schlingmann zum letzten Mal einen Spielplan vor. Am Ende der Saison 2016/2017 ist dann Schluss. Doch es steht kein Tabula-Rasa-Wechsel an, denn der Nachfolger wird mit zwei ihrer Führungskräfte starten.

Es gehört zu den vornehmsten Pflichten eines scheidenden Intendanten, ein "besenreines" Haus zu übergeben, was soviel bedeutet, dass ein Nachfolger die größtmöglichen Gestaltungsspielräume vorfindet. Insbesondere die Führungs-Equipe sollte sich der neue Theaterchef selbst aussuchen können, weshalb Verträge selbst von höchst erfolgreichen Chefdirigenten, Chefdramaturgen oder Ballettchefs meist nicht mehr verlängert werden. In Saarbrücken jedoch können sowohl Generalmusikdirektor Nicholas Milton wie auch Tanzcompany-Chef Stijn Celis eine Spielzeit länger bleiben als die im Sommer 2017 nach Braunschweig wechselnde Intendantin Dagmar Schlingmann. Dies bestätigte das Theater gestern. Schlingmann wird heute ihr letztes Spielzeit-Programm für 2017/2018 vorstellen, Celis und Milton hingegen werden, so sie ihre Verträge erfüllen, zumindest bei der ersten Spielplan-Pressekonferenz des neuen Saarbrücker Theaterchefs noch mit dabei sein. Dem Vernehmen nach streben beide weiterhin ein längeres Engagement am Staatstheater (SST) an, über Schlingmanns Weggang hinaus.

Celis und Milton starteten 2014/2015 am SST - erstmals hatte Schlingmann ein durch und durch von ihr selbst engagiertes Führungsteam. Doch anders als üblich bekamen beide keine Fünfjahresperspektive. Milton hatte und hat einen Vierjahres-Vertrag, der zeitgleich mit Schlingmanns vorzeitigem Weggang endet. Zufall? Ursprunglich wollte Schlingmann bis 2019 bleiben. Celis unterschrieb einen Zweijahres-Vertrag, der zwei Mal um je eine Spielzeit verlängert wurde. Nach SZ-Recherchen erfolgte die zweite Verlängerung, bevor Schlingmanns Braunschweig-Wechsel im Sommer 2015 bekannt wurde. Doch Fakt ist: Sowohl Milton als auch Celis bleiben ein Jahr über Schlingmanns Amtszeit hinaus. Vor allem diejenigen Intendanten-Bewerber, die auf das Modell einer Radikal-Erneuerung setzen, könnte dieses "Erbe" abschrecken oder zumindest bremsen. Schlingmann begründet ihre Entscheidung im Fall Celis wie folgt: Letzterer habe "eine Aufbau-Perspektive gebraucht, die Pläne über mehrere Spielzeiten hinweg voraussetzt".

Dass zwei profilbestimmende Führungskräfte fürs Erste bleiben, hält die Intendantin nicht für problematisch, denn ihr Nachfolger könne durch die Besetzung der Operndirektion oder durch das freie Feld im Schauspiel genügend neue Impulse setzen. "Ich finde es gut, wenn das Publikum noch ein paar Leute kennt, und wenn der neue Intendant die Möglichkeit hat, gute Kräfte zu beobachten, um eine fundierte Entscheidung zu fällen", sagt sie. Einen "Totalumbruch" hält Schlingmann für Saarbrücken nicht für das richtige Modell.

Ähnlich äußert sich Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD) gegenüber der SZ: Milton und Celis hätten "hervorragende Arbeit" geleistet und eine Chance zum Weitermachen mit dem Schlingmann-Nachfolger verdient. Sein Intendanten-Wunschkandidat darf kein "Eigenbrötler" sein und muss "das Theater im Dialog mit den Menschen in Stadt und Landnach vorne bringen wollen". Tendenziell bevorzuge man "im Kopf jüngere Kandidaten. Es sollte niemand sein, der Saarbrücken als letzte Station einer Karriere sieht, sondern eher jemand, der hier beweisen will, dass er noch mehr kann."

Die Findungskommission, in der unter anderem der Intendant des Deutschen Theaters Berlin Ulrich Khuon sitzt und die Intendantin des Volkstheaters Wien Anna Badora, hat laut Commerçon bisher einmal Ende März getagt. Aus 40 Bewerbern seien sieben herausgefiltert worden, die alle eingeladen würden. Unter den sieben finden sich laut Commerçon noch alle typischen Intendanten-Typen: mit Musiktheater- oder Schauspiel-Schwerpunkt, selbst inszenierende Künstler oder auch nicht-inszenierende Manager.

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