Abschied nach 21 Jahren als IHK-Präsident

Saarbrücken · Richard Weber ist nicht mehr Mitglied der Vollversammlung. Am 27. April wird sein Nachfolger gewählt.

 Richard Weber (72) ist seit 1989 Mitglied der IHK-Vollversammlung. Seit 1996 ist er Präsident der Kammer. Foto: IHK

Richard Weber (72) ist seit 1989 Mitglied der IHK-Vollversammlung. Seit 1996 ist er Präsident der Kammer. Foto: IHK

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Ob es ein Schock gewesen sei? Richard Weber, Noch-Präsident der IHK, verneint. "Ich war zum Skifahren in Amerika, als ich die Mail bekommen habe, dass ich nicht in die IHK-Vollversammlung gewählt wurde", sagt er. "Das Wetter war sonnig und ich hatte einen wunderbaren Ski-Tag. Nein, geschockt war ich nicht." Seit 21 Jahren steht Weber der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes vor. "Da ist es irgendwann auch genug", sagt er.

Nur um eine Stimme hat Weber den Wiedereinzug in das IHK-Parlament verpasst. Drei Kandidaten gab es in der Wahlgruppe Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Jetzt besetzen Caroline Bro, Bevollmächtigte beim Essighersteller Melfor, und Bruno Proietti, Repräsentant von Ludwig Schokolade, die Sitze. Zwar habe es von ihnen sofort Kompromissvorschläge gegeben, um Weber weiter seinen Sitz zu sichern, aber das wollte er nicht: "Ich werde gewählt - oder eben nicht." Aus Mitleid einen Sitz bekommen, das wollte er nicht.

"Das ist Demokratie", sagt er. Und gerade diese Demokratie habe jetzt auch in der IHK einen deutlichen Wandel eingeleitet: Das Parlament hat sich deutlich verjüngt. 32 der 69 Mitglieder der Vollversammlung sind zum ersten Mal eingezogen. Und es sind auch mehr Frauen. Nach bisher sieben sind nun 19 weibliche Mitglieder vertreten. Weber hofft, dass sich die Veränderungen auch bei der künftigen Präsidentschaft bemerkbar machen werden. "Es steht zwar nicht in der Satzung, aber es ist Usus, dass der scheidende Präsident einen Vorschlag für seine Nachfolge macht." Er würde sich freuen, wenn auch hier ein Nachwuchs-Talent zum Zuge käme - am besten mit bereits ein paar Jahren Vollversammlungs-Erfahrung. Schon in der kommenden Woche will er dafür Gespräche führen.

Als wichtigste Leistung in den Jahren als IHK-Präsident bezeichnet Weber den Umbau der Kammer: "Wir sind von einer reinen bürokratischen Kammer zu einem kommunikativen Dienstleistungszentrum geworden." Das betreffe einerseits die Strukturen der IHK, aber auch die Menschen. "Wir sind heute kundenorientiert und haben auch ein viel breiteres Angebot als früher." Auf sein Konto geht auch die Veranstaltungsreihe IHK Regional, die mittlerweile deutschlandweit von anderen Handelskammern übernommen worden sei. In seine Ägide fällt außerdem das neue Saarland-Marketing, das nach mehreren fehlgeschlagenen Werbeversuchen für das Saarland von der IHK mit auf den Weg gebracht wurde. "Das Entscheidende daran ist, dass es von der Wirtschaft mitgetragen wird und dass sich mittlerweile 400 Unternehmen an der Kampagne beteiligen", sagt er. "Ich denke, dass wir damit den richtigen Weg gehen."

Im Verhältnis zur Politik hat Weber sich immer als Mahner gesehen. Allerdings nicht laut, sondern in Hintergrundgesprächen. "Sachte von hinten schieben", sei das Motto der vergangenen 21 Jahre gewesen. "Einen Sinneswandel in der Politik herbeizuführen ist für die IHK unmöglich", sagt er. Aber in Gesprächen überzeugen, das sei immer wieder möglich gewesen. "Wer mich gefragt hat, hat immer auch meine Einschätzung gehört."

Zum Mahnen habe es immer wieder Anlass gegeben. Seine erste große Mahnung veröffentlichte Weber bereits zum Amtsantritt. Sein "Szenario 2010" zeichnete ein Saarland und eine Großregion, in der die Menschen Aufbruchstimmung spüren und verbreiten. Kommunen sollten eine schlanke Verwaltung bekommen, Schulen sich selbst verwalten. Die Menschen in Saar-Lor-Lux würden drei Sprachen sprechen und das Saarland hätte sich nach dem Abschied von der Kohle selbst saniert. Viele seiner damaligen Forderungen sind bis heute aktuell geblieben, einiges hat sich aber auch schon in die richtige Richtung bewegt. "Politik muss langfristig gedacht werden", sagt Weber. Was er aber weiter vermisst, ist innovatives Denken. "Die Frage an die Politik lautet: Wo ist Euer Mixery? Wo ist das Produkt, das die Märkte verändert", sagt der frühere Karlsberg-Chef.

Noch einen Monat bleibt Weber im Amt, dann findet die konstituierende Sitzung der Vollversammlung statt, und dann wird auch das Präsidium neu gewählt. Seinen Posten als Präsident des europäischen Verbands Eurochambres wird er zum Jahresende abgeben.

Künftig, sagt Weber, werde er mehr Zeit haben für seine Familie, für sein Enkelkind, für seine Hobbys Kunst und Oldtimer - er sammelt Alfa-Romeos. Aber auch für Reisen. Und besonders für seine Freunde. In diesem Zusammenhang zitiert Weber aus einer Mail des früheren Hauptgeschäftsführers Volker Giersch: "Zu meiner Verabschiedung haben Sie gesagt: ‚Mit Ihnen könnte ich Pferde stehlen.‘ Dazu haben wir jetzt vielleicht mal Zeit."

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