„Saarland sollte China als Chance begreifen“

Saarbrücken · Der chinesische Botschafter lobt bei seinem Saarland-Besuch die Schönheit der Natur und das wirtschaftliche Potenzial. Daraus könne man in einer Zusammenarbeit noch mehr machen, sagt er.

 Botschafter Shi Mingde gestern bei seinem Besuch in der saarländischen IHK. Foto: B&B

Botschafter Shi Mingde gestern bei seinem Besuch in der saarländischen IHK. Foto: B&B

Foto: B&B

. Grundsätzlich ist es in China üblich, auch unangenehme Wahrheiten höflich zu verbrämen. "Das Saarland ist in China nicht so bekannt", sagt der chinesische Botschafter Shi Mingde denn auch bei seinem Besuch in der saarländischen Industrie- und Handelskammer (IHK). Als Wirtschaftsstandort tauche das Land - anders als Hamburg oder Nordrhein-Westfalen - nicht auf. Das aber könne man ändern, sagt Shi. "Wenn Sie China als Chance begreifen und offensiv für Ihr Land werben." Er appelliert deshalb an die Verantwortlichen, Touristen in das Land zu holen, auch über Reisebüros. "Sie haben hier eine wunderbare Natur ", sagt er mit Blick beispielsweise auf das Saarschleifen-Panorama.

Auch für die chinesische Wirtschaft solle sich das Saarland interessanter machen: "Sinnvoll wäre es beispielsweise ein Symposium von der Saar-IHK und der chinesischen Handelskammer in Deutschland im Saarland zu veranstalten", sagt er. Das würde dann auch den Blick chinesischer Unternehmen auf das Saarland als Industrie-Standort lenken. Denn - anders als das Land - seien einige der hiesigen Unternehmen in China durchaus bekannt. "Das Land hat schon Potenzial."

Shi, der schon vor 44 Jahren zum Studium nach Deutschland gekommen war, bedauert, dass im Zusammenhang mit chinesischen Investitionen stets vom "Ausverkauf" die Rede ist. "Chinesische Investitionen machen 0,2 Prozent aller Investitionen in Deutschland aus. Ich wundere mich, dass das eine Bedrohung der deutschen Industrie darstellen soll", sagt der Botschafter. Und betont, dass es aus seiner Sicht sinnvoller wäre, China weniger als Bedrohung sondern als Partner zu sehen. "Gerade mit Deutschland wollen wir die Zusammenarbeit weiter vertiefen", sagt Shi. Als Themen nennt er die Industrie 4.0 ebenso wie Robotertechnik, E-Commerce und Infrastrukturprojekte. Eine klare Position vertritt der Botschafter beim Thema Stahl . An den Überkapazitäten sei nicht China schuld, sondern die Weltwirtschaft. Denn in Zeiten eines weltweiten Wachstums habe sich niemand über den billigen Stahl aus China beschwert. Und: "Wir haben in Zeiten des Strukturwandels Deutschland viele alte Stahlwerke abgekauft." Das habe China nicht getan, um Stahlwerke zu sammeln, sondern um Stahl zu produzieren. 80 Prozent davon für den eigenen Markt. "Und auch jetzt kaufen wir hochwertigen Stahl vor allem aus Deutschland." Er lehnt Schuldzuweisungen ab: "Wir sind aber bereit, mit der EU auch in dieser Frage Lösungen zu finden."

Abseits der Wirtschaft werden China und das Saarland im kommenden Jahr auf jeden Fall zusammenfinden: Die Musikfestspiele rücken China in ihren Fokus.

Meinung:

Mehr Dialog ist richtig

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Seine Sicht der chinesischen Stahl-Überkapazitäten muss man nicht teilen, doch in einer Sache hat Botschafter Shi Recht. Bei aller Vorsicht angesichts chinesischer Geschäftspraktiken ist es sinnvoll, China auch als Chance zu betrachten. Gerade das Saarland könnte bei seiner Ansiedlungspolitik auch chinesische Unternehmen in den Fokus nehmen, die zunehmend Bedeutung am Weltmarkt bekommen. Interessant ist auch, dass Shi sich persönlich für die kommenden Musikfestspiele einsetzt und führende Solisten ins Saarland holen will. Nur wer die Kultur des anderen kennt, kann ihn auch als Partner verstehen, sagt er. Wie wahr.

Zum Thema:

Hintergrund China steht mit Ausfuhren in Höhe von 652 Millionen Euro oder 4,3 Prozent der Gesamtausfuhren aus auf Platz 6 der Exportpartner des Saarlandes. Aus China importiert das Saarland Waren im Wert von 472 Millionen Euro. Chinesische Investoren sind an der Saar unter anderem an Saargummi , Vensys und Devetec beteiligt. jwo

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