Rehlinger will Bund in die Pflicht nehmen

Saarbrücken · Weil die Bahn seit Jahren die Fern-Verbindungen – auch ins Saarland – ausdünnt, soll nun ein Gesetz diese Entwicklung stoppen. Ein „angemessener Fernverkehr“ soll garantiert werden, verlangen die Länder.

 Nur noch sieben Zugpaare fahren im Fernverkehr das Saarland an. Hauptsächlich auf der Strecke Frankfurt-Paris.

Nur noch sieben Zugpaare fahren im Fernverkehr das Saarland an. Hauptsächlich auf der Strecke Frankfurt-Paris.

Foto: ruppenthal

Der Fernverkehr im Saarland ist seit Jahren rückläufig. Deshalb sei es Zeit, die Bundesregierung an ihren im Grundgesetz verankerten Versorgungsauftrag zu erinnern, sagte die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD ) gestern vor Journalisten. Gemeinsam mit weiteren Ländern will das Saarland unter Federführung von Rheinland-Pfalz Anfang Dezember einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen, der eine Grundversorgung mit Fernverkehr verbindlich festschreibt.

Als Grund für den immer schlechter werdenden Fernverkehr nennt Rehlinger die 1994 in Kraft getretene Bahn-Reform, die den Eisenbahnverkehr liberalisiert und die Deutsche Bahn AG zu einem privatwirtschaftlich agierenden Unternehmen gemacht hat. "Die Folge ist, dass nicht mehr Verkehr auf unsere Strecken gekommen ist, sondern weniger", sagt Rehlinger. Wenn sich eine Strecke für die Bahn "eigenwirtschaftlich" nicht mehr lohne, werde sie gestrichen.

Tatsächlich sind die Zahlen, die die Verkehrsministerin vorlegt, vernichtend. Seit Inkrafttreten der Bahnreform seien 3700 Zugkilometer abgebaut worden, 220 Bahnhöfe würden nicht mehr bedient, acht Großstädte würden nicht mehr angefahren, in 122 Städten hätten sich die Verbindungen deutlich reduziert. Auch das Saarland ist betroffen. Erst Ende vergangenen Jahres hat die Bahn drei Intercity-Verbindungen gestrichen.

Rehlinger beklagt in diesem Zusammenhang auch die kurzfristigen Entscheidungen der Bahn: "Uns fehlte wie anderen die Grundlage für eine vorausschauende Planung", sagt sie. Teilweise sei das Land gezwungen gewesen, Ersatzleistungen zu stellen.

Rehlinger geht davon aus, dass der Gesetzesentwurf Anfang Dezember von den Ländern im Bundesrat abgesegnet wird. Dann müsse es auf Bundesebene diskutiert werden. Dass das Gesetz allerdings noch vor den Wahlen verabschiedet wird, hält sie für unwahrscheinlich. "In jedem Fall ist es dann aber Teil der Koalitionsverhandlungen", sagt sie.

Die Saar-Wirtschaft begrüßt den Vorstoß. Schon seit Jahren sei zu beobachten, dass die Fernverkehrsstrecke im Saarland bei der Bahn nicht mehr im Fokus stehe, beklagt Martin Schlechter, Geschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände. IHK-Saarland-Geschäftsführer Carsten Peter sieht den Gesetzesvorstoß trotz der positiven Idee kritisch. Schließlich widerspreche ein solches Gesetz im Grundsatz dem Gedanken der Bahnliberalisierung. "Das lässt sich nicht so einfach aushebeln", sagt er. Besser sei aus seiner Sicht, Druck auf den Bund zu machen, die Bahnstrecke nach Mannheim vordringlich auszubauen und die Anbindung damit wieder attraktiver zu machen.

Meinung:

Verständlicher Unmut

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Die Bahn-Anbindung an das Saarland ist ein unerfreuliches Thema. Mit schöner Regelmäßigkeit findet hierzulande ein Bahn-Gipfel statt. Selten warten diese Treffen allerdings mit positiven Überraschungen auf. Im Gegenteil: Bahnreisende müssen seit Jahren mit Erstaunen feststellen, dass es immer schwieriger wird, aus dem und ins Saarland zu kommen. Rehlingers Unmut ist zu verstehen, die, wie sie selbst sagt, das Problem seit ihrem Amtsantritt auf Bundesebene thematisiert hat. Jetzt also soll ein Gesetz helfen. Auch wenn es ein langer Weg sein mag, der Vorstoß ist zu begrüßen. Denn damit ist das Thema sichtbar auch in Berlin auf dem Tisch.

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