„Flüchtlinge nehmen niemandem etwas weg“

Saarbrücken · Heidrun Schulz, Leiterin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, sieht zwar noch Engpässe bei Sprachkursen, ansonsten allerdings gehe die Integration gut voran. Ängste seien unbegründet.

 Bei Praktikumstouren können Flüchtlinge die Arbeitswelt kennenlernen. Foto: Guldner

Bei Praktikumstouren können Flüchtlinge die Arbeitswelt kennenlernen. Foto: Guldner

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Im Saarland ist die Integration von Flüchtlingen bisher vorbildlich gelaufen. Dies betonte Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit (BA), im Redaktionsgespräch mit unserer Zeitung. Der Großteil der Flüchtlinge stamme aus Syrien. Die sehr schnelle und klar strukturierte Aufnahme in der Aufnahmestelle Lebach, eine im Vergleich zu anderen Bundeslandern extrem kurze Bearbeitungszeit der Anträge und die rasche Verteilung der Betroffenen auf Kommunen innerhalb des Landes habe sich als ein Standortvorteil erwiesen.

An Geld für Eingliederungs-Maßnahmen fehle es nicht. Allerdings müsse man sich darüber im Klaren sein, dass die vollständige Integration einer Person inklusive einer geeigneten Beschäftigung am Arbeitsmarkt im Schnitt fünf Jahre dauern könne. Im ersten Jahr gehe es vorrangig darum, die Geflüchteten mit Deutschland und seinen Gewohnheiten vertraut zu machen sowie Sprachkurse zu beginnen. Hier seien die Wartezeiten allerdings noch deutlich zu lang, betonte Schulz. Derzeit müssten die Teilnehmer bis Anfang des Jahres 2017 warten. Die Chefin der Regionaldirektion hält es deshalb für nötig, die Zahl der Deutschkurse zu erhöhen und dafür auch zusätzliches Lehrpersonal zur Verfügung zu stellen.

Von den derzeit rund 9100 bei der saarländischen Arbeitsagentur und den Jobcentern gemeldeten Flüchtlingen nimmt der weitaus größere Teil an Sprachkursen oder sonstigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teil. Im Rahmen des Nachzugs von Familienmitgliedern kommen jetzt auch immer mehr Frauen aus Syrien an die Saar. Einigen von ihnen müsse man nicht nur die Sprache vermitteln, sondern auch neue Formen der Beschäftigung anbieten. Das sei dann kompliziert, wenn sie in ihrer Heimat eher daran gewöhnt seien, zu Hause zu bleiben und sich um die Familie zu kümmern, während der Mann arbeiten ging. Eine große Herausforderung sieht Schulz weiter darin, junge Flüchtlinge an das deutsche System der dualen Ausbildung heranzuführen, also die Vermittlung von Bildungsinhalten sowohl im Betrieb als auch in der Schule. Dieses System kenne man in Syrien nicht. Deshalb sei es wegen der teilweise großen Unterschiede im Bildungssystem meistens auch schwierig, Abschlüsse direkt anzuerkennen. Gut funktioniere das noch in der Medizin, da man das Medizinstudium in Syrien fachlich mit dem in Deutschland vergleichen könne. Schwieriger werde es dagegen für Ingenieure.

Kritikern, die sagen, Flüchtlinge nähmen Deutschen die Arbeit weg und der Staat bevorzuge sie, tritt Schulz energisch entgegen. "Dieser Vorwurf ist in jeder Hinsicht nicht zutreffend. Wenn wir es schaffen, eine gute Ausbildung hinzubekommen, dann stimmt das an gar keiner Stelle. Zumal wir gerade im Saarland wegen der demografischen Entwicklung Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften haben", betont Schulz. Sie stellt klar: "Flüchtlinge nehmen niemandem etwas weg. Wir haben alle finanziellen Möglichkeiten zur Integration in den Arbeitsmarkt . Es steht uns auch generell deutlich mehr Geld zur Verfügung als in den vergangenen Jahren", so die Chefin der Regionaldirektion. Es bestehe keinerlei Grund für Neid, zumal in keinerlei Förderprogrammen am Arbeitsmarkt Engpässe zu erwarten seien. Das gelte sowohl für Langzeitarbeitslose als auch für schwerbehinderte Menschen sowie für alle anderen Personengruppen am Arbeitsmarkt .

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