Saarländische Grünstrom-Branche schlägt Alarm

Saarbrücken · Die saarländische Energiewende-Branche befürchtet das baldige Ende des Windkraftausbaus hierzulande. Die Landesregierung sieht auch Gefahren, will aber über eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes weiter verhandeln.

 Windräder bei Losheim. Wie viele im Saarland überhaupt noch hinzukommen, ist wegen der Pläne fürs neue Erneuerbare-Energien-Gesetz ungewiss. Foto: Ruppenthal

Windräder bei Losheim. Wie viele im Saarland überhaupt noch hinzukommen, ist wegen der Pläne fürs neue Erneuerbare-Energien-Gesetz ungewiss. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Großer Aufruhr in der saarländischen Energiewende-Branche. Die Betreiber und Planer von Anlagen für erneuerbare Energien fordern in einem Offenen Brief an die Landesregierung einen Stopp der geplanten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) sollten "diesem Gesetz nicht zustimmen", heißt es in dem Schreiben. Hinter dem Brief stehen unter anderem das Netzwerk der neun saarländischen Bürger-Energiegenossenschaften, der Neunkircher Windkraftanlagenhersteller Vensys, der Windkraft-Investor RAG Montanwind, Planungsbüros wie Ökostrom Saar sowie mehrere Stadt- und Gemeindewerke. Die Absender befürchten, dass die Gesetzesnovelle "sowohl den Klimaschutz als auch die regionale Wertschöpfung im Saarland zum Erliegen bringen wird". Sogar bereits angelaufene Projekte und Arbeitsplätze seien bedroht. Angesichts der Ziele des auch von der Bundesregierung unterstützten Klimaschutzabkommens "wirkt der aktuelle Gesetzentwurf wie Hohn".

Die Grünstrom-Branche schlägt Alarm, weil schon am Dienstag Weichen für die EEG-Novelle gestellt werden könnten. Dann treffen sich die Regierungschefs der Länder erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU ), um über die Reform zu beraten.

Die Landesregierung teilt weitgehend die Befürchtungen der hiesigen Energiewende-Branche. In einem Antwortschreiben, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es, dass die Landesregierung "die genannten Positionen im Wesentlichen unterstützt". Doch jetzt die Novellierung zu stoppen, hält man für falsch. Denn das könnte dazu führen, "dass es 2017 überhaupt keine gültige Anschlussregelung" für das bisherige EEG gibt. "Konsequenz könnte der Wegfall sämtlicher Vergütungen für die dann in Produktion gehenden Erneuerbare-Energien-Anlagen sein", schreibt die Landesregierung. Deshalb wolle man weiter in den Beratungen mit dem Bund und den Ländern die Interessen des Saarlandes vertreten.

Ein Unterzeichner des Briefes an die Landesregierung ist Henry Selzer, Geschäftsführer der Bürger-Energiegenossenschaft Hochwald. Er ärgert sich besonders über eine kürzlich in den Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums eingebrachte Neuerung: Danach sollen auch bei fortgeschrittenen Windkraftprojekten von der garantierten Strom-Vergütung 7,5 Prozent abgezogen werden. Das "macht Investitionen gänzlich unwirtschaftlich", heißt es in dem Brief. Selzer hält diese Regelung für die hiesige Windenergie-Wirtschaft für "tödlich".

Die ganze Richtung des Gesetzes passt der saarländischen Branche aber nicht: Statt einer garantierten Vergütung sollen über bundesweite Ausschreibungen die günstigsten Projekte gefunden werden. In der Solar-Wirtschaft habe dieses Modell schon "den Ausbau zum Erliegen gebracht", heißt es in dem Brief. Außerdem mache das Ausschreibungsmodell mittelständische und kleine Akteure wie die Bürger-Energiegenossenschaften kaputt. Und saarländische Anbieter hätten in Konkurrenz zu den windreicheren in Norddeutschland keine Chance, zum Zuge zu kommen.

Meinung:

Verkehrte Kehrtwende

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Die Bundesregierung ist drauf und dran, die Erfolge der Energiewende zunichtezumachen. Die Kehrtwende im Fördersystem droht viel Schaden anzurichten. Besonders brisant sind die geplanten willkürlichen Kürzungen für laufende Projekte. Sie untergraben das Vertrauen von Investoren und allen, die in der Energiewende-Branche tätig sind. Auch hat das jetzt favorisierte Ausschreibungsmodell reichlich Tücken, die man in der Bundesregierung offenbar nicht sehen will. Die Novelle hat ja eigentlich das richtige Ziel, in der Grünstrom-Wirtschaft mehr die Kräfte des Marktes wirken zu lassen. Doch ist zu befürchten, dass am Ende der Markt bloß kaputtgemacht wird.

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