So bekommen Maschinen feinste Sinne

Hannover/Saarbrücken · Saar-Forscher machen mit Sensor-Technik Roboter schlauer und spüren winzigste Mengen Schadstoff auf.

 Nikolai Helwig (l.) und Tizian Schneider testen das Fehler-Früherkennungsprogramm an einem elektromechanischen Zylinder. Foto: Oliver Dietze/Universität des Saarlandes

Nikolai Helwig (l.) und Tizian Schneider testen das Fehler-Früherkennungsprogramm an einem elektromechanischen Zylinder. Foto: Oliver Dietze/Universität des Saarlandes

Foto: Oliver Dietze/Universität des Saarlandes

Die Messmethoden werden immer genauer und können Informationen liefern, wie es vor wenigen Jahren noch undenkbar war - egal ob dabei Gase in der Luft, Drücke, Schwingungen oder Temperaturen erfasst werden. Diesen Eindruck gewinnt der Besucher, wenn er sich auf dem Forschungsstand des Saarlandes auf der Hannover Messe umschaut. Inzwischen können auch Messdaten beliebig kombiniert werden, um daraus zusätzliche Informationen zu gewinnen.

Wie das geht, zeigt ein Forscherteam am Saarbrücker Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (Zema) anhand eines Industrie-Roboters. Dieses Produktions-Arbeitspferd ist gespickt mit Sensoren. Diese messen beispielsweise die Temperatur der Schmieröle oder die Vibration verschiedener Bauteile. "Sobald sich diese Werte verändern, droht Gefahr", sagt Nikolai Helwig, wissenschaftlicher Mitarbeiter in diesem Forscherteam - auch wenn sich der Roboter dem Augenschein nach weiterhin normal verhält. Dennoch kann dann schon die Wartungsmannschaft informiert werden, die sich die Maschine ansehen muss, bevor sie ganz ausfällt und ein Produktionsschaden droht. Derzeit geht das System in die Testphase. Erste Erfahrungen sammeln die Firmen Bosch und Festo mit den schlauen Sensoren.

An einem sehr feinen Näschen forschen die Wissenschaftler am Lehrstuhl für Messtechnik der Saar-Universität. Sie entwickeln ein Gas-Analysegerät, das in der Lage ist, ein Billionstel Gramm Schadstoff aufzuspüren. "Dadurch lässt sich die Zusammensetzung der Luft wesentlich schneller und exakter bestimmen als bisher", erzählt Tilman Sauerwald, der am Lehrstuhl von Professor Andreas Schütze dieses Projekt koordiniert. So sei es möglich, aus Atemluft darauf zu schließen, ob jemand an Lungenkrebs erkrankt ist oder nicht.

Um das Messen von Drücken geht es bei Matthäus Langosch und Jan Finkler von der Fakultät der Ingenieurwissenschaften an der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Sie setzen sogenannte Dehnungs-Messstreifen ein, die so feinnervig sind, dass sie sechsmal empfindlicher sind als herkömmliche Messstreifen. "Mithilfe unserer Dünnschicht-Technologie können minimale Druckveränderungen gemessen werden", sagt Langosch. "Denkbar ist beispielsweise der Einsatz in Präzisionswaagen." Der diplomierte Physiker glaubt an die Zukunftsfähigkeit dieser Technologie und will aus dem Lehrstuhl heraus eine Firma (Start-up) gründen. "Die Entwicklung ist auf dem Weg zur Serienreife", sagt er. "Wir sind derzeit auf der Suche nach Pilotkunden."

Um ganz feine Strukturen geht es auch am Saarbrücker Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM). Am Saar-Forschungsstand werden Tropfen aus Kunststoff (Polymere) in einem elektromagnetischen Feld zu Fäden umgewandelt, die hundertmal dünner sind als ein menschliches Haar. Diese schlagen sich als unstrukturiertes Netz auf einer Folie oder einem Glas nieder. "Geschieht dies lange genug, entsteht ein engmaschiges Vlies", erläutert Julia Mohrbacher vom Innovationszentrum des INM. "Dieses Verfahren wird Elektrospinnen genannt." Die superdünnen Polymerfäden enthalten zudem Titandioxid und Silber, so dass das Vlies als Elektrode dienen kann. "Damit lassen sich Smartphones oder Tablet-PCs herstellen, die gebogen oder geformt werden können", sagt Mohrbacher. Denkbar seien auch T-Shirts aus diesem Polymer-Vlies, die beispielsweise während des Laufens die Körperfunktionen messen, oder Pflaster, die Auskunft über den Heilungsprozess einer Wunde geben können. "Zugegeben - jetzt spinne ich ein bisschen", sagt Mohrbacher mit Blick auf die diversen Anwendungsvarianten.

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