23 000 VW-Stellen in Deutschland weg

Hamburg · Die Dieselaffäre kostet nun auch Arbeitsplätze bei VW. Weltweit werden 30 000 Stellen gestrichen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es aber nicht geben. Gleichzeitig investiert VW in Zukunftstechnik.

 Markenchef Herbert Diess, VW-Chef Matthias Müller und Konzernbetriebsrat Bernd Osterloh (v.l.) präsentierten gestern den Zukunftspakt und die Pläne zum Stellenabbau. Foto: von Ditfurth/dpa

Markenchef Herbert Diess, VW-Chef Matthias Müller und Konzernbetriebsrat Bernd Osterloh (v.l.) präsentierten gestern den Zukunftspakt und die Pläne zum Stellenabbau. Foto: von Ditfurth/dpa

Foto: von Ditfurth/dpa

Der Autobauer Volkswagen steht vor dem radikalsten Einschnitt seiner Unternehmensgeschichte: Bei der Kernmarke VW streicht der Konzern in den kommenden Jahren bis zu 30 000 Stellen, davon um die 23 000 in Deutschland. Das ist ein zentrales Ergebnis des sogenannten Zukunftspakts, den Firmenleitung und Betriebsrat gestern vorstellten. Der gesamte Konzern beschäftigt mehr als 624 000 Menschen, 282 000 davon in Deutschland. Der genaue Umfang der Kürzungen ist noch unklar, ebenso die Verteilung auf die Standorte.

Parallel zum Stellenabbau will Volkswagen 3,5 Milliarden Euro in Elektromobilität und andere Zukunftsfelder wie Digitalisierung und autonomes Fahren investieren. An den deutschen Standorten der Kernmarke mit einer Belegschaft von rund 120 000 Mitarbeitern wird eine Fertigung von Elektroautos, Elektroantrieben und Batterien aufgebaut. Wolfsburg soll Digitalisierungs-Zentrum der Firma werden. Im Rahmen der Investitionen sollen auch etwa 9000 Stellen geschaffen werden, so dass in Summe rund 14 000 Stellen wegfallen.

"Der Zukunftspakt ist das größte Reformprogramm in der Geschichte der Kernmarke unseres Konzerns. Es wird Volkswagen effizienter, produktiver und wettbewerbsfähiger machen", sagte Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller gestern. Unternehmensspitze und Arbeitnehmervertreter hatten monatelang über das Maßnahmenpaket verhandelt. Der Personalabbau soll für die VW-Stammbelegschaft ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen, etwa indem freiwerdende Stellen nicht nachbesetzt werden und Beschäftigten erweitere Altersteilzeitregelungen angeboten werden. IG-Metall-Chef Jörg Hoffmann hält die Regelung trotz des massiven Stellenabbaus für eine gute Lösung. Denn der lasse sich "weitgehend durch die Ausnutzung der Altersfluktuation" steuern. Ein "Kündigungsschutz bis 2025" gebe allen Mitarbeitern "eine verlässliche Perspektive", sagte er.

Für Leiharbeiter gilt der Schutz allerdings nicht. Der Pakt habe "Licht und Schatten", die Situation der Leiharbeiter "tut weh", sagte Osterloh. Insgesamt handele es sich aber um ein "Ergebnis der Vernunft".

Das Schrumpfprogramm soll Einsparungen und Effizienzsteigerungen ermöglichen und damit auch Geld für Investitionen in neue Produktionsbereiche verfügbar machen. Aktuell verdient VW schlicht zu wenig. Von 100 Euro Umsatz blieben in den ersten neuen Monaten nur rund 1,60 Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern hängen. Nicht nur die Premium-Marken Audi und Porsche sind lukrativer, auch die Konzernschwester Skoda glänzt im Vergleich mit VW mit ihrer Gewinnkraft.

Nach VW-Angaben soll sich das Ergebnis des Unternehmens ab 2020 um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr verbessern. Drei Milliarden Euro sollen deutsche Standorte beisteuern.

Die Neuausrichtung auf Zukunftstechnologien ist eingebettet in die sogenannte Strategie 2025 des VW-Konzerns, bei der es auch darum geht, sich für den bevorstehenden Wandel der Auto-Branche fit zu machen. "Volkswagen muss schnell wieder Geld verdienen und sich für den kommenden Sturm wappnen", sagte VW-Markenchef Herbert Diess.

Meinung:

Zahlen müssen die Mitarbeiter

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Als VW-Chef Martin Winterkorn nach dem VW-Skandal sein Amt aufgab, sagte er, dass er die Konsequenzen aus dem Skandal trage. Doch mehr als eine Geste war das nicht. Denn während Winterkorn sich ungeniert seinen Bonus auszahlen ließ, sind es am Ende die Arbeitnehmer, die nun für das Versagen des Managements büßen müssen. Der Arbeitsplatzabbau mag zwar sozialverträglich vonstatten gehen, ohne Folgen bleibt es aber nicht, wenn deutlich mehr als zehn Prozent der Stellen wegfallen.

Der Volkswagen-Konzern steht vor einem schmerzhaften Sanierungsprozess. Und es ist offen, ob es bei den gestern verkündeten Einschnitten bleibt. Schließlich tauchen in den USA gerade neue Vorwürfe auf - unter anderem gegen die VW-Schwestermarke Audi .

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