ZF ist weiter auf Einkaufstour

Friedrichhafen/Saarbrücken · Auf die deutschen ZF-Standorte kommen Veränderungen zu. Konzernchef Stefan Sommer will sie vor allem mit „einer erhöhten Flexibilität und angepassten Kostenstrukturen wettbewerbsfähiger machen“.

Der Autozulieferer ZF hat seinen Einkaufszettel noch nicht abgearbeitet. Jüngstes Objekt der Begierde ist die schwedische Firma Haldex, die auf Brems- und Luftfederungssysteme für Nutzfahrzeuge spezialisiert ist. Anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen, kündigte ZF-Vorstandschef Stefan Sommer gestern an, dass der Friedrichshafener Konzern 100 Schweden-Kronen (SEK, 10,5 Euro) pro Aktie für das an der Stockholmer Börse gelistete Unternehmen in bar zahlen will. Der Gesamtwert des Angebots entspricht 4,4 Milliarden SEK (461 Millionen Euro). "Haldex passt sehr gut in die ZF-Strategie", sagte Sommer während der Telefon-Konferenz. Die Haldex-Produkte würden das ZF-Angebot für Brummis, Baufahrzeuge oder Omnibusse abrunden. Der ZF-Chef kündigte an, dass der geplante Haldex-Kauf nicht die letzte Akquisition der Friedrichshafener gewesen sei. "Wir werden weiter Beteiligungen, Übernahmen oder Partnerschaften ins Auge fassen, wenn sie zu den drei von uns definierten Megatrends passen: Effizienz, Sicherheit und autonomes Fahren".

An der Ertragskraft des Konzerns soll es nicht scheitern. Im ersten Halbjahr erwirtschaftete ZF einen operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 1,1 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 17,8 Milliarden Euro (plus fünf Prozent). Im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum konnte die Ebit-Marge um 1,8 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent im Verhältnis zum Umsatz gesteigert werden. Für das Gesamtjahr 2016 erwartet ZF-Finanzvorstand Konstantin Sauer einen Umsatz von 35 Milliarden Euro und eine Ebit-Marge von rund sechs Prozent.

Trotz der guten Zahlen will Sommer die deutschen ZF-Standorte "wettbewerbsfähiger machen". Dies soll durch "erhöhte Flexibilität und angepasste Kostenstrukturen " erreicht werden, sagte er gestern. In den deutschen Werken - und damit auch im Saarland - ist wegen solcher Ankündigungen die Aufregung groß. So sollen den Mitarbeitern die Zulagen gekürzt werden. Außerdem will ZF ein neues Werk in Osteuropa hochziehen, in dem die gleichen Automatik-Getriebe montiert werden sollen wie im Saarland.

Sommer verteidigte diese Pläne. "Wir brauchen einen vernünftigen Kostenmix mit Higtech-Fertigung an Hochlohn-Standorten und günstiger Produktion in Regionen mit geringeren Lohnkosten." Nur dadurch sei es möglich, in andere Kunden- und Preissegmente vorzustoßen. "Dies wiederum sichert die Produktion an Standorten wie Saarbrücken", sagte der ZF-Vormann.

Die Autokonjunktur ist zudem nicht überall gut. In Europa bleibe das Wachstum moderat. In Nordamerika bereiten die Nutzfahrzeuge Sorgen und Südamerika "steckt in einer Rezession". Auch in Asien seien die Aussichten verhalten. In China "werden die eigenen Autobauer immer stärker und damit auch deren Zulieferer." Wachstumsperspektiven sieht ZF in der Elektromobilität. Der Umsatz dieser Sparte liegt bereits bei 407 Millionen Euro.

Meinung:

Lorbeer welkt schnell

Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid

Konzernführer fühlen sich oft wie auf einer Rolltreppe, die ihnen entgegenkommt. Wenn sie stehen bleiben, geht es in Wirklichkeit rückwärts. Ähnlich scheint auch die Gefühlslage von ZF-Chef Stefan Sommer zu sein. Er steht seit vier Jahren an der Spitze des Autozulieferers und er weiß, wie schnell Lorbeer welkt - vor allem in der Autowelt.

ZF muss heute schon den Blick auf die nächsten Jahrzehnte richten und frühzeitig die Trends und Techniken der Zukunft erkennen. Aber auch die Flops, um gutes Geld nicht schlechtem hinterher zu werfen. Das erfordert Spürsinn, Schnelligkeit und Flexibilität - sowohl an der Konzern-Spitze als auch in den Werken vor Ort. Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit. Er muss ständig neu erkämpft werden.

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