„Wir wussten, was gebraucht wird“

Mit seinem Vater Peter und seinem Bruder Hermann hat Oswald Hager 1955 die Firma Hager Electro oHG gegründet. Aus der kleinen Firma ist heute ein in Blieskastel ansässiges Weltunternehmen mit 1,9 Milliarden Euro Umsatz und über 11 600 Mitarbeitern geworden. Heute wird Oswald Hager 90 Jahre alt. SZ-Redakteur Joachim Wollschläger hat anlässlich des Geburtstags mit ihm gesprochen.

 Hager- Mitgründer Oswald Hager

Hager- Mitgründer Oswald Hager

Foto: Hager

Herr Hager, wie feiern Sie Ihren 90. Geburtstag?

Hager: Erst einmal im kleinen Kreis. Aber anschließend wird es auch noch Veranstaltungen im Unternehmen mit geladenen Gästen und den Mitarbeitern geben.

Hätten Sie bei der Firmengründung erwartet, dass Hager eine Weltfirma werden würde?

Hager: Nein, den Erfolg, den wir hatten, hätte ich mir nicht träumen lassen.

Aber Sie haben es trotzdem geschafft, obwohl Sie erst 1959 mit der Rückgliederung des Saargebiets auf den deutschen Markt kamen. Wie ist das gelungen?

Hager: Auf die Rückgliederung haben wir uns tatsächlich nicht gefreut. Schließlich hatten wir mit Frankreich bereits einen Absatzmarkt gefunden, von dem wir von heute auf morgen abgeschnitten waren. Und vor dem deutschen Markt hatten wir großen Respekt. Das war also nicht lustig. Wir haben dann erst einmal auf der Hannover Messe auf einem kleinen Stand ausgestellt. Und hatten viele Besucher. Vielleicht auch, weil wir Cognac und Champagner ausgeschenkt haben. Aber die Leute waren auch neugierig, was das für Burschen waren, die da von der Saar kamen. Damals haben wir dann wichtige Partner kennengelernt, die uns geholfen haben, in den Markt zu kommen. Auch waren wir die Ersten in der Branche, die einen Zählerschrank auf den Markt gebracht haben. Damit haben wir schon recht früh die Grundlagen für unseren nachhaltigen Erfolg gelegt.

In Deutschland wartete aber keiner auf Sie. Was war das Erfolgsgeheimnis?

Hager: Einmal hatten wir gleich ein System angeboten, das sehr genau auf die Erfordernisse der Elektroinstallateure eingerichtet war. Wir haben schon damals unsere Produkte gemeinsam mit unseren Kunden entwickelt. So wussten wir, was gebraucht wird.

Wie konnten Sie sich gegen Konzerne wie Siemens durchsetzen?

Hager: Vielleicht war für die unser Spezialgebiet, die Installationstechnik, nicht bedeutsam genug. Für uns dagegen war es alles. Und wir waren viel flexibler in diesem Bereich und konnten auch innovativer sein. Schwieriger als die Großunternehmen war die mittelständische Konkurrenz .

Inwiefern?

Hager: Das war teilweise unanständig. Die haben alles in Bewegung gesetzt, wollten nachweisen, dass unsere Produkte nicht den Vorschriften entsprechen. Da hatten wir schon Probleme zu überwinden. Die Konkurrenz war wirklich unfair.

Und was haben Sie gemacht?

Hager: Wir haben gekämpft. Und auch Recht bekommen. Es war einfach so, dass wir als Spätheimkehrer von der Saar einen Nachteil hatten. Also mussten wir uns unseren Platz erkämpfen. Aber mit fairen Mitteln. Letztlich haben wir uns in Deutschland entgegen unseren pessimistischen Erwartungen sehr schnell durchsetzen können.

Gleichzeitig haben Sie einen Standort in Frankreich eröffnet. Das war doch gewiss schwierig.

Hager: Der Standort Obernai ist aus der Not heraus entstanden. Wir wollten damit unsere französischen Beziehungen erhalten. Das Problem war, dass sich die elektrische Installation sehr stark von der in Deutschland unterschieden hat. Letztlich waren wir es, die die Verteilungssysteme eingeführt haben, die international kompatibel waren.

Was waren Ihre größten Erfolge?

Hager: Die Einführung der Zählertafel aus Thermoplast. Das Material war besser als Duroplast, weil Installateure es ausschneiden konnten, ohne dass es gebrochen ist. Die Konkurrenz hat alles versucht, um es schlecht zu machen. Es sei brennbar, war beispielsweise ein Vorwurf. Aber letztlich haben wir mit unserem Produkt Normen gesetzt. Und natürlich war unser größter Erfolg der Zählerschrank, mit dem wir uns als Marktführer durchgesetzt haben.

Und Misserfolge?

Hager: Da fällt mir auf Anhieb keiner ein.

Sie haben Ihr Unternehmen an Ihren Sohn Daniel übergeben, sind aber immer noch häufig im Büro. Fragt Ihr Sohn Sie noch um Rat?

Hager: Nein. Daniel ist sehr selbstständig. Er braucht keinen Rat. Und sucht ihn auch nicht von mir. Aber ich habe auch keinen Grund einzugreifen. Weil er es sehr gut macht. Ich bin sehr stolz auf ihn.

Was macht für Sie einen guten Unternehmer aus?

Hager: Ein guter Unternehmer ist auf gute Mitarbeiter angewiesen. Und die kann er nur haben, wenn er sie anständig behandelt. Und wenn er ihnen auch Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen lässt. Bei den Kunden geht es darum, den menschlichen Kontakt zu pflegen. Ich denke, wir haben uns da wohltuend unterschieden von anderen.

Wenn Sie heute zurückblicken, hatten Sie ein glückliches Leben?

Hager: Das würde ich schon sagen: Rückblickend genieße ich viele Stationen meines Lebens.

Zum Thema:

Zur PersonOswald Hager wird am 16. November 1926 in Ensheim geboren. 1952 erlangt er einen Doktortitel in Betriebswirtschaftslehre. 1955 gründen Peter und Luise Hager mit ihren Söhnen Oswald und Hermann die Hager Electro-Plastic oHG. 1956 entwickeln Oswald und Hermann Hager ein System, mit der sie die Vielfalt an Elektro-Zählertafeln auf dem Markt reduzieren. Und mit dem Verteilerschrank setzen sie einen neuen Standard. 1959 tritt das Unternehmen Hager mit der Rückgliederung des Saarlandes in den deutschen Markt ein. Gleichzeitig gründet Hager einen Standort im elsässischen Obernai, um die Frankreich-Aktivitäten zu sichern. Von 1970 an führen Oswald und Hermann Hager nach dem Rückzug ihres Vaters das Geschäft alleine weiter. 1990 wird Oswald Hager mit der höchsten Auszeichnung des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektroindustrie geehrt. 2008 übernimmt Oswald Hagers Sohn Daniel die Führung des Unternehmens. jwo

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