Bund macht Bahnchef Grube Druck

Berlin · Stürmische Zeiten bei der Bahn: Der Vizechef gibt auf und auch der Vorstandsvorsitzende steht enorm unter Druck. Stuttgart 21 ist nur eine von vielen Baustellen bei dem Staatskonzern.

 Noch-Bahn-Vorstandsmitglied Volker Kefer (l.) im Gespräch mit Konzernchef Rüdiger Grube. Foto: dpa

Noch-Bahn-Vorstandsmitglied Volker Kefer (l.) im Gespräch mit Konzernchef Rüdiger Grube. Foto: dpa

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Bahnchef Rüdiger Grube muss nach dem angekündigten Rückzug seines Stellvertreters Volker Kefer in den nächsten Monaten um seine Vertragsverlängerung kämpfen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU ) bekräftigte zwar gestern die "volle Unterstützung" des Bundes als Bahn-Eigentümer für die von Grube angekündigte Strategie mit zusätzlichen Investitionen und einer Ausweitung des ICE-Netzes. Er nannte aber auch die Herausforderungen: mehr Pünktlichkeit, kostenloses WLAN auch in der 2. Klasse des ICE und den Wettbewerb mit den Fernbussen. Ein Konzernverlust wie 2015 dürfe sich zudem nicht wiederholen.

Grubes Vertrag läuft bis Dezember 2017. Der 64-Jährige würde gern darüber hinaus im Chefsessel bleiben. Diese Frage werde beantwortet, wenn sie sich stelle, und dies sei "zum Ende dieses Jahres und nicht zur Mitte dieses Jahres", sagte Dobrindt. Ambitionen auf den Posten werden auch dem früheren Kanzleramtsminister und heutigem Bahn-Vorstand Ronald Pofalla nachgesagt.

Zum zweiten Mal in acht Tagen trat gestern der Aufsichtsrat der Bahn zusammen. Dabei ging es um die verlustreiche Güterbahn und die Probleme beim Bauprojekt Stuttgart 21 .

Für Unruhe an der Spitze des Konzerns hatte gesorgt, dass der auch für das umstrittene Projekt Stuttgart 21 zuständige Vorstand Volker Kefer am Dienstagabend überraschend angekündigt hatte, seinen bis Ende 2017 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Er reagierte damit auf Vorwürfe aus dem Aufsichtsrat, er habe die Aufseher zu spät über Kostensteigerungen bei dem Projekt informiert, das den Bau eines Tiefbahnhofs in Stuttgart mit angeschlossener Tunnelstrecke beinhaltet. Kefer will nur noch so lange bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist.

"Wir wollen keine weiteren Überraschungen bei den Kosten und beim Zeitplan erleben", sagte Aufsichtsrat Klaus-Dieter Hommel nach der Sitzung des Kontrollgremiums. Klarheit soll bis September ein Gutachten geben, dass der Aufsichtsrat im März in Auftrag gegeben hatte. Es soll auch klären, ob der bisherige Finanzierungsrahmen von 6,5 Milliarden Euro ausreicht. Der finanzielle Puffer von 500 Millionen Euro ist fast aufgebraucht. Kefer hatte vor zwei Wochen deutlich gemacht, dass sich die für 2021 geplante Eröffnung des Bahnhofs verzögern könnte - eventuell um zwei Jahre.

Der Aufsichtsrat bestätigte im Grundsatz den Sanierungsplan des Vorstands für die Güterbahn DB Cargo. Er sieht vor, rund 200 der 1500 Güterbahnhöfe zu schließen. "Da sind auch welche dabei, die schon seit Jahren keinen Güterwagen mehr gesehen haben", sagte Gesamtbetriebsratschef Jörg Hensel. Die Zentrale von DB Cargo in Mainz bleibe bestehen. Bei der Zahl der Arbeitsplätze werde es dort aber nicht beim Alten bleiben. Der Vorstand hatte sich mit der Arbeitnehmerseite auf diesen Kompromiss geeinigt. Eine Zahl für den Stellenabbau wird nicht mehr genannt. Zuvor hatten die Pläne der Geschäftsführung einen Wegfall von 2100 Arbeitsplätzen in der Sparte vorgesehen. "Über die Einzelheiten wird weiterverhandelt", kündigte Hommel an.

Meinung:

Unsinnige Personaldebatten

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Die Bundesregierung setzt die Bahn-Spitze unter Druck. Doch was soll es bringen, das Personalkarussell anzustoßen? Die Bahn verliert mit Vize Volker Kefer einen fähigen und erfahrenen Manager. Und über einen Nachfolger für den 64 Jahre alten Rüdiger Grube muss man gewiss nachdenken. Doch im Vordergrund muss stehen, die vielen Probleme des Konzerns zu bewältigen. Dafür braucht es ein funktionierendes, gutes Management, nicht unbedingt ein neues.

Der Eigentümer Bund sollte etwas ganz anderes tun, als Vorstandswechsel voranzutreiben. Er muss sich endlich darüber klar werden, wohin sich die Bahn im Spannungsfeld zwischen Marktorientierung und politisch gewollter Infrastruktur-Dienstleistung entwickeln soll.

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