Aus für Abgeltungsteuer hat Tücken

Berlin · Die Pauschalsteuer auf Zinsen und Dividenden galt als Notlösung gegen Schwarzgeld. Sie könnte bald abgeschafft werden. Aber führt das zu mehr Geld für den Staat und höheren Lasten für Reiche?

 Möglicherweise profitieren Börsianer sogar von einem Aus der Abgeltungssteuer. Foto: dpa

Möglicherweise profitieren Börsianer sogar von einem Aus der Abgeltungssteuer. Foto: dpa

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Es ist eine seltene Einstimmigkeit unter Parteien im heraufziehenden Steuer-Wahlkampf 2017: Die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge muss weg, fordern alle. Das klingt populär, nach mehr Gerechtigkeit und nach neuen Steuer-Milliarden für die Staatskassen. Aber so einfach, wie ein Wegfall der Sondersteuer auf Zinsen , Dividenden und Veräußerungsgewinne klingt, ist es nicht. Ob unterm Strich die erhofften Mehreinnahmen fließen und Reiche stärker zur Kasse gebeten werden, ist fraglich. Die Wahlkämpfer sehen die Zeit gekommen, den Wegfall der erst 2009 eingeführten Pauschalsteuer auf Zinsen und Dividenden auf die Tagesordnung zu nehmen. Denn in diesem Jahr tritt der von gut 100 Ländern vereinbarte automatische Informationsaustausch in Kraft. Wichtige Finanzzentren und bisherige Fluchtburgen für Steuerbetrüger ziehen mit. Für Besitzer von Schwarzgeld wird es schwieriger, Geld am Fiskus vorbei ins Ausland zu schmuggeln. Damit entfällt nach Auffassung der Kritiker das Argument für die umstrittene Abgeltungsteuer.

Die hatte Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD ) mit dem einleuchtenden Satz "Lieber 25 Prozent von x als 42 Prozent von nix" begründet - und so auch Kritiker in den eigenen Reihen überzeugt. So sollte wenigstens ein Teil des ins Ausland transferierten Schwarzgeldes zurückgeholt sowie Steuer- und Kapitalflucht eingedämmt werden.

Sämtliche Kapitalerträge werden seit 2009 mit einheitlich 25 Prozent versteuert - plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Kritiker monierten von Anfang an, die Pauschalsteuer von 25 Prozent führe dazu, dass Kapitalerträge gegenüber Arbeitseinkommen steuerlich besser dastehen. Denn Arbeitseinkünfte werden nach dem persönlichen Steuersatz von bis zu 42 Prozent und bei sehr hohen Einkommen von 45 Prozent besteuert. Tatsächlich begünstigt sind reine Zinseinkünfte, die aber aktuell wegen der Niedrigzinsen nicht ins Gewicht fallen. Ist das Geld zu großen Teilen in Aktien angelegt, schlägt der Fiskus seit 2009 stärker zu. Statt der halben werden die gesamte Dividende sowie die realisierten Kursgewinne versteuert.

Geht es nach den Parteien, sollen Zinsen und Dividenden künftig wieder nach dem individuellen Einkommensteuersatz belastet werden. Wer könnte nun vom Aus der Abgeltungsteuer profitieren, und wer würde stärker belastet? Das hängt davon ab, ob und wie die Abgeltungssteuer durch das alte System ersetzt wird. Bleiben die Zinsen niedrig, werden Sparer vorerst kaum eine Erhöhung spüren. Solange Zinserträge unter dem Freibetrag von 801 Euro für Singles und 1602 Euro für zusammenveranlagte Ehegatten liegen, sowieso nicht.

Singles und ledige Top-Verdiener dürfte es schon eher stärker treffen, profitieren sie doch nicht vom Ehegattensplitting in der Einkommensteuer . Für diejenigen, die Kapitalerträge aus Dividenden und Kursgewinnen an der Börse erzielen - in der Regel Besserverdiener - könnte sich die Rückkehr zum alten System sogar auszahlen. Diese Einkünfte dürften unter das früher geltende Teileinkünfteverfahren fallen. Nur ein Teil wäre steuerpflichtig. Und: Fallen Kapitalerträge wieder unter die Einkommensteuer , dürften Verluste aus Geldanlagen wieder mit anderen Einkünften verrechnet werden. Es gibt daher Berechnungen, die bei einem Aus der Abgeltungsteuer sogar Steuerausfälle voraussagen.

Meinung:

Weiter lieber 25 Prozent von x

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Die einen hoffen auf mehr Gerechtigkeit, die anderen auf mehr Einnahmen für den Staat. Doch es dürfte eine schlechte Idee sein, die Abgeltungssteuer abzuschaffen - unabhängig davon, ob das frühere Recht wieder eingeführt wird. Denn der internationale Informationsaustausch wird es Steuerbetrügern zwar nicht mehr so leicht machen wie früher. Doch ausgerechnet die USA machen nicht mit. Sie bleiben ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten für alle, die Vermögen verbergen wollen. Der künftige Präsident Donald Trump wird daran gewiss nichts ändern. Daher gilt weiter: Lieber 25 Prozent von x als 42 Prozent von nix.

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