Auch Mitsubishi hat betrogen

Tokio/Berlin · Erst Volkswagen, nun Mitsubishi: Auch der japanische Autobauer muss Betrügereien eingestehen. Bei den Japanern geht es um Verbrauchswerte. Das Kraftfahrzeugbundesamt hat neben VW nun auch andere Hersteller von Diesel-Fahrzeugen im Visier.

 Mitsubishi-Chef Tetsuro Aikawa bat wegen der Manipulationen um Entschuldigung. Foto: Robichon/dpa

Mitsubishi-Chef Tetsuro Aikawa bat wegen der Manipulationen um Entschuldigung. Foto: Robichon/dpa

Foto: Robichon/dpa

Erneuter Manipulations-Skandal in der Autobranche : Mitten in der Abgas-Affäre bei Volkswagen hat der japanische Autobauer Mitsubishi Betrügereien bei Verbrauchswerten eingestanden. Es seien Abgastests manipuliert worden, "um bessere Verbrauchsangaben zu erzielen", sagte Konzernpräsident Tetsuro Aikawa. Bei Mitsubishi sind von den Manipulationen insgesamt 625 000 Autos für den heimischen Markt betroffen. 468 000 Fahrzeuge davon wurden für den japanischen Konkurrenten Nissan Motor gebaut.

Daten, die bei Verbrauchstests wie dem Widerstand der Reifen im rollenden Zustand verwendet werden, seien manipuliert worden, teilte Mitsubishi Motors mit. Betroffen sind sogenannte Kei-Car (wörtlich: leichtes Automobil). So werden in Japan Kleinstwagen genannt, deren Motoren einen Hubraum von höchstens 660 Kubikzentimeter haben und die nicht breiter als rund 1,50 Meter sein dürfen. Diese Autos sind in Japan steuervergünstigt.

Betroffen sind vier Modelle. Die Produktion und der Verkauf der betroffenen Autos sei gestoppt worden, hieß es in einer Stellungnahme. Angesichts der Schwere des Vorfalls werde man nun auch Produkte untersuchen, die für ausländische Märkte hergestellt worden seien, teilte Mitsubishi Motors weiter mit. In Deutschland sind keine Autos betroffen.

Von Nissan vorgenommene Verbrauchstests seien von den Daten, die Mitsubishi Motors den Behörden vorgelegt habe, abgewichen, räumte Mitsubishi-Chef Aikawa ein. Die Diskrepanz habe wahrscheinlich etwa fünf bis zehn Prozent betragen. "Wir drücken unseren Kunden und anderen Betroffenen unser tiefstes Bedauern aus", sagte er.

Unterdessen berichteten "Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR, Messungen im Auftrag des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) hätten ergeben, dass Konzerne ihre Motoren so konstruiert haben, dass der Schadstoff Stickoxid bei niedrigen Temperaturen ungefiltert in die Luft geblasen wird. Die gesetzlichen Stickoxid-Grenzwerte würden bei vielen der mehr als 50 getesteten Fahrzeugmodelle teilweise um ein Vielfaches überschritten. Das Bundesumweltministerium warnte vor einem Missbrauch umstrittener Systeme zum Ausschalten der Abgasreinigung von Autos.

Die Untersuchungen erstreckten sich laut Bericht unter anderem auf Autos von Daimler, BMW , VW , Ford, Opel , Renault , Peugeot und Fiat . Die Hersteller hatten die Vorwürfe auch bei vorherigen Berichten zu dem Thema zurückgewiesen. Die Konzerne berufen sich laut Bericht auf eine Verordnung der Europäischen Union, die eine zeitweise Abschaltung der Abgasreinigung erlaubt. Das soll angeblich Motorschäden bei niedrigen Temperaturen verhindern.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, eine Abschalteinrichtung müsse eine "absolute Ausnahme" sein und diese sei klar definiert. Wenn Hersteller die Grenze für ein Aktivieren der Abgasreinigung erst bei plus 10 oder 20 Grad zögen, entspräche dies nicht den Regeln der Europäischen Union.

Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte infolge der VW-Abgasaffäre Messungen auch bei anderen Konzernen veranlasst. Volkswagen hatte mit einer illegalen Software Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert. Dabei ging es um Werte des gesundheitsschädlichen Stickoxids. Weltweit geht es um elf Millionen Autos.

Meinung:

Eine Welt voller Lügen

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Wer dachte, der Abgas-Skandal bei VW sei ein Einzelfall, sieht sich getäuscht. Nun steht auch ein japanischer Hersteller am Umwelt-Pranger. Sollten sich auch die Vorwürfe bestätigen, dass der missbräuchliche Einsatz von Abschalt-Automatiken Usus war, gehören noch viel mehr Konzerne auf die Anklagebank. Eine Schlussfolgerung drängt sich auf: Betrügen und Tricksen sind in der Branche gäng und gäbe. Zudem haben Behörden und Politik aus Nachlässigkeit, schlimmstenfalls sogar bewusst, nicht so genau hingeschaut. Offensichtlich tut ein Kulturwandel not - in der Autoindustrie, bei Testern, in Kontrollbehörden und der Politik.

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