Wirtschaft: „Wir wurden gehört“

Saarbrücken · Erst die Kritik, dann die Streicheleinheiten. Nachdem die Saar-Wirtschaft im Sommer harsche Kritik an der Wirtschaftspolitik geübt hatte, herrscht nun wieder Einigkeit.

IHK-Präsident Richard Weber gab sich nach dem Spitzengespräch von Saar-Regierung und Saar-Wirtschaft glücklich: "Ich finde es positiv, dass die Politik uns zugehört hat." Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) hatte Vertreter der Saar-Wirtschaft gestern zu einem Spitzengespräch mit dem Kabinett geladen, um im Sommer aufgekommene Vorwürfe auszuräumen, die Regierung agiere an der Wirtschaft vorbei.

Tatsächlich habe sich gezeigt, dass vieles im Lande gut läuft, sei es die Fachkräftestrategie, sei es die Energiepolitik, bei der die Wirtschaftsministerin sich für einen Erhalt saarländischer Kraftwerke stark gemacht habe. Und auch bei kritischen Punkten habe man einen Konsens gefunden. So loben IHK und die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU), dass es vier wichtige Zusagen der Landesregierung gegeben habe: Es werde darauf hingearbeitet, beim Länderfinanzausgleich eine auskömmliche Zuweisung zu sichern, so dass das Saarland auch 2020 noch investitionsfähig bleiben werde. Die Kommunen würden gehalten, Einnahmensteigerungen weniger aus der Gewerbe- als aus höheren Grundsteuern zu finanzieren. Der Studiengang Systems Engineering werde personell und finanziell besser aufgestellt. Und es werde regelmäßige Dialoge zwischen Regierung und Wirtschaft geben.

Zu von der IHK immer wieder angemahnten Stellenstreichungen in der Regierung sagte Kramp-Karrenbauer, dass man nicht nur Quoten festschreiben, sondern stellenscharf definieren werde, was eingespart werden kann.

Für Albert Hettrich , der den VSU-Präsidenten Oswald Bubel vertrat, war wichtig, dass auch das Signal der Wirtschaft bei der Regierung ankam, dass Firmen ein wettbewerbsfähiges Umfeld brauchen. "Da gibt es natürlich unterschiedliche Interessen von Wirtschafts- und Landesseite."

Ein zentrales Thema beim Wirtschaftsgipfel war auch die Integration der Flüchtlinge in die Wirtschaft. "Sie werden nicht automatisch zu Fachkräften, da müssen wir investieren", sagte Rehlinger. Sprachkurse seien da ein Kernthema. Es gelte aber auch, rechtliche Rahmenbedingungen für die Ausbildung zu schaffen.

Das sei auch im Sinne des Handwerks, sagte Handwerkskammer-Präsident Bernd Wegner : "Es muss gesichert sein, dass ein Auszubildender während und auch zwei Jahre nach der Ausbildung nicht abgeschoben werden darf." Rehlinger will sich auch dafür einsetzen, dass die 21-Jahre-Grenze für Ausbildungen aufgehoben wird: "Solch eine Altersgrenze entspricht nicht der Wirklichkeit der Flüchtlinge", sagte sie.

Meinung:

Einfach nur reden

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Manch einer in der Saar-Politik mag die Kritik von VSU-Präsident Oswald Bubel an der Saar-Wirtschaftspolitik im Sommer als Sturm im Wasserglas erlebt haben - ein Gutes hatte sie auf jeden Fall. Bubel hat es geschafft, Saar-Wirtschaft und das gesamte Kabinett an einen Tisch zu bringen. Das alleine war die ganze Aufregung schon wert. Denn sicher ist nicht immer im politischen Blickfeld so präsent, wie wichtig die Saar-Wirtschaft für das Wohlergehen des Landes ist. Reden ist per se immer richtig, um bestehende oder künftige Konflikte aus der Welt zu schaffen. Das heißt nicht, dass die Regierung jetzt nur noch wirtschaftsfreundliche Politik macht. Aber beide Seiten wissen nun von den gegenseitigen Wünschen, Nöten und Problemen. Und das kann helfen, zumindest einige zu lösen.

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