Saarland will mit Industrie an die Spitze

Saarbrücken · Das Saarland will eine führende Rolle in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter übernehmen. Ein neu gegründetes Kompetenzzentrum „Power4Production“ soll Industrie-Betrieben maßgeschneiderte Anwendungen bieten.

 Talk zur Zukunft der Saar-Industrie (v.l.): Albert Hettrich, Vize-Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK); Rainer Müller, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Zentrums für Mechatronik und Automatisierungstechnik (Zema); Peter Stefan Herbst, SZ-Chefredakteur; Norbert Klein, SR Chefredakteur; Anke Rehlinger, Wirtschaftsministerin; Wolfgang Wahlster, Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI); Cornelius König, Arbeits- und Organisationspsychologe. Foto: Iris Maurer

Talk zur Zukunft der Saar-Industrie (v.l.): Albert Hettrich, Vize-Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK); Rainer Müller, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Zentrums für Mechatronik und Automatisierungstechnik (Zema); Peter Stefan Herbst, SZ-Chefredakteur; Norbert Klein, SR Chefredakteur; Anke Rehlinger, Wirtschaftsministerin; Wolfgang Wahlster, Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI); Cornelius König, Arbeits- und Organisationspsychologe. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

. Wenn es nach den Vorstellungen von Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) geht, dann soll das Saarland künftig die Region werden, nach der jeder fragt, wenn von Neuentwicklungen in der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern für Industriebetriebe die Rede ist. "Wir haben das Zeug dazu", sagte die Ministerin am Montagabend auf einem prominent besetzten Industriekongress, der sich damit befasste, wie die Bedeutung der Saar-Industrie noch weiter gesteigert werden kann.

Erster Schritt auf diesem Weg soll die Gründung des neuen Forschungs- und Kompetenzzentrums "Power4Production" für Industrie-Anwendungen sein, das am Standort des Zentrums für Mechatronik und Automatisierungstechnik (Zema) in Saarbrücken am Eschberger Weg eingerichtet wird. Es soll zum Bestandteil des Zema werden. Partner sind das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und das Zema selbst. Das Land steuert eine Anschubfinanzierung von 600 000 Euro innerhalb von drei Jahren bei. Zu Schwerpunkten des neuen Zentrums gehören die Erforschung weiterer Einsatzbereiche von Robotern in der Produktion, Änderungen in Produktionsabläufen sowie engere Formen der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine.

Rainer Müller, wissenschaftlicher Geschäftsführer des ZeMa, betonte auf dem Kongress, Techniken habe man schon genug. "Jetzt kommt es darauf an, sie entsprechend zu verknüpfen." Trotz aller Neuentwicklungen werde der Mitarbeiter immer die führende Rolle über den Roboter behalten. Wolfgang Wahlster , Chef des DFKI, sieht das genauso: "Einen Industrieroboter , der einem Mitarbeiter einen Befehl gibt, werden wir in den nächsten Jahren nicht erleben." Cornelius König, Arbeits- und Organisationspsychologe, sieht die wichtigste Aufgabe darin, das Vertrauen der Mitarbeiter in Roboter zu stärken. Dieser dürfe nicht als Konkurrent um den Arbeitsplatz gesehen werden.

Auch Hans-Peter Kurtz, Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer, verschließt sich nicht gegenüber einer wachsenden Bedeutung von Robotern in der Produktion. "Allerdings müssen in der Entwicklung der Industriepolitik und ihrer Stärken alle Akteure auf Augenhöhe eingebunden werden, auch die Arbeitnehmer." Die Industrie dürfe nicht isoliert betrachtet werden. Für das Saarland sei ein Landesentwicklungsplan mit klaren Vorstellungen für alle Branchen wichtig: von der Hochschule bis zum Ausbau der Infrastruktur. Ähnlich argumentierte Albert Hettrich als Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK). Man brauche ein ganzheitliches Zukunftskonzept 2025, verlässliche Rahmenbedingungen für die Betriebe und ein hochwertiges Angebot an Fachkräften. Die neuen Möglichkeiten in der Produktion solle man vorurteilsfrei annehmen.

Oswald Bubel, Präsident des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie, hält dagegen das neue Kompetenzzentrum für unnötig. Das Land solle besser die Ingenieurausbildung an der Saar-Uni stützen. Hier Einschnitte zu begehen und sich die Förderung der Industrie auf die Fahne zu schreiben, das passe nicht zusammen. Man brauche hervorragend ausgebildete Ingenieure. Auch die Handwerkskammer beklagt sich. Präsident Bernd Wegner kritisiert, die Kammer sei nicht eingebunden, obwohl 60 Prozent der im Handwerk ausgebildeten Fachkräfte im Laufe ihres Berufslebens in die Industrie wechselten.

Meinung:

Schlüssiges Konzept fehlt

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Auf die Industrie zu setzen ist richtig, aber zu wenig. Dem Land fehlt eine Vision, wo es in zehn Jahren stehen will. Es fehlt ein in sich schlüssiges Konzept für optimale Rahmenbedingungen der gesamten Wirtschaft. Stattdessen greift das Land gravierend in die Saar-Uni ein, schwächt massiv Bereiche wie die Ingenieurwissenschaften, die von der Industrie gebraucht werden. Zudem stimmt die Außendarstellung des Landes und der Industrie nicht. Auf der Hannover Messe etwa konnte man, außer am Forschungsstand, keinen Hinweis auf das Saarland als attraktive Adresse entdecken. Nicht einmal ein Plakat gab es. Auch kein Einzelaussteller wies darauf hin, woher er kommt. Und der Imagekampagne, die das ändern soll, geht wohl schon die Puste aus.

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