Rehlinger: Stahl ist Basis der Industrie

Saarbrücken · Heute veranstalten die Betriebsräte der Stahl-Unternehmen und der IG Metall einen bundesweiten Stahl-Aktionstag. Für Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger ist die Stahlindustrie für das Land unverzichtbar.

 Anke Rehlinger

Anke Rehlinger

Foto: bub

Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) unterstützt "voll und ganz" den Stahl-Aktionstag, der heute bundesweit begangen wird. Die Veranstaltung der Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsräte zeige, "wie dramatisch die Situation an den Stahl-Standorten ist". Vor allem im Saarland "geht es ums Ganze". Rund 22 000 Arbeitsplätze seien bedroht, wenn die Unternehmen in eine Schieflage geraten würden. Die Mitarbeiter in der Zentralkokerei, an den Höchofen, in den Stahlwerken und Walzstraßen sowie die Beschäftigten in der Weiterverarbeitung "haben ein Bruttoeinkommen von rund 900 Millionen Euro", erinnert Rehlinger. "Würde dies wegfallen, sähe es zappenduster aus." Außerdem seien die Dillinger Hütte und Saarstahl mit ihren Investitionen ein Konjunkturmotor für die Saar-Wirtschaft. Allein Saarstahl habe seit dem Jahr 2010 mehr als 870 Millionen Euro in seine Anlagen investiert und seitdem für 1,6 Milliarden Euro Aufträge an heimischen Unternehmen erteilt. Bei der Dillinger Hütte seien es allein im vergangenen Jahr 264 Millionen Euro gewesen.

Einer der Gründe für die schwierige Situation der deutschen und der europäischen Stahlkocher sind Massen von Billigstahl vor allem aus China. Die EU-Importe aus dem Reich der Mitte seien in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts um 167 Prozent auf 7,2 Millionen Euro angestiegen. "Die Chinesen verlagern ihre Strukturprobleme, die sie mit ihren Stahl-Überkapazitäten haben, nach Europa", sagt die Ministerin. Die EU-Kommission müsse diesen Importen rasch einen Riegel vorschieben, zumal chinesischer Stahl gelegentlich zu Preisen angeboten würde, "die unterhalb der Herstellungskosten liegen".

Auch die geplante Verteuerung und Verknappung der Emissionszertifikate durch die EU ab dem Jahr 2021 sieht sie kritisch. "Dies darf nicht dazu führen, dass die europäische Stahlindustrie ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßt." Diese Strategie widerspreche außerdem einem weiteren wirtschaftspolitischen Ziel der EU - nämlich die De-Industrialisierung in der Union zu stoppen beziehungsweise eine neue Phase der Industrialisierung einzuläuten. Denn "Stahl ist der Grundstoff für zahlreiche Industrie-Produkte". Ohne qualitativ hochwertige Stähle und Legierungen "können wir zum Beispiel Autos, die mit weniger Gewicht auskommen, glatt vergessen". Auch die Energiewende sei ohne die Stahlindustrie nicht zu stemmen. "Windräder bestehen beispielsweise hauptsächlich aus Stahl ."

Sollten die europäischen Stahlkocher wegen eines länger andauernden Preisdrucks vom Markt verschwinden, "ist dem Klima nicht geholfen", erinnert die Ministerin. Dann würden diese Stähle in Weltregionen produziert, wo der Umweltschutz längst nicht die Bedeutung habe wie in Europa. Außerdem sollten die Stahl-Verbraucher nicht glauben, dass die Preise des dann importierten Grundstoffs dauerhaft niedrig bleiben würden. "Sobald die Wettbewerber in Europa vom Markt verschwunden sind, "drehen die Exporteure aus Fernost oder Übersee mit Sicherheit an der Preisschraube".

Auch die geplante Reform des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG) in Deutschland "darf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie nicht gefährden", so Rehlinger. Sollten die Unternehmen eine Strom-Eigenerzeugung betreiben, die weitgehend von EEG-Abgaben befreit ist, "muss diese weiter gewährt werden, um den Bestandsschutz nicht zu gefährden". Hier müsse die Bundesregierung in Brüssel mit dem gebotenen Nachdruck verhandeln. Denn die EEG-Abgabe treffe nur die deutsche Industrie, wohingegen die europäischen Wettbewerber davon nicht betroffen seien. Daher sei die EEG-Entlastung auch keine ungerechtfertigte Beihilfe, wie Brüssel dies sieht.Tausende Stahlkocher wollen am Montag bei einem bundesweiten Aktionstag für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstrieren. Mit Kundgebungen wollen die Beschäftigten auf die Bedrohung der deutschen Stahlbranche durch die Billig-Konkurrenz aus China aufmerksam machen. Heute Morgen sollen die Anlagen beim größten deutschen Stahlhersteller Thyssen-Krupp in Duisburg heruntergefahren werden, bevor dann am Nachmittag Vertreter der Gewerkschaft IG Metall , der Politik und der Unternehmen sprechen werden. Zu einer Kundgebung vor den Toren des größten deutschen Stahlstandorts in Duisburg werden neben IG-Metall-Chef Jörg Hofmann auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD ) erwartet.

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HintergrundZum heutigen Stahl-Aktionstag finden vier Veranstaltungen statt. In Völklingen startet um 10.15 Uhr ein Demozug ab Walzwerk Nauweiler (Saarstahl, Tor 10) und um 11.15 Uhr je ein Zug ab Torhaus 2 (gegenüber Globus) und ab Stahlwerk (Torhaus 11). Die zentrale Kundgebung findet um 11.55 Uhr auf dem Hindenburgplatz statt. In Dillingen starten die Züge um 10.30 Uhr beziehungsweise 10.40 Uhr am Hochofen (Tor 4) und am Krankenhaus (Tor 1). Die Kundgebung ist um 11.55 Uhr auf dem Odilienplatz. In Saarbrücken beginnt der Demozug ab 10.30 Uhr an der Ludwigskirche, zentraler Treffpunkt ist 11.55 vor dem Staatstheater. In Neunkirchen ist Demostart um 11 Uhr am Kreisel bei Decathlon, die Kundgebung ist um 11.55 Uhr auf dem Stummplatz. red

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