Zukunftschancen des Saarlands schwinden

Frankfurt · Ein Riss geht durch Deutschland. Der Süden zieht davon. Der Rest – auch das Saarland – hinkt nach wie vor hinterher, lautet das Ergebnis des „Zukunftsatlas 2016“ des Prognos-Instituts.

Boom im Süden, düstere Aussichten in anderen Teilen Deutschlands: Der Graben zwischen reichen Regionen sowie armen Gegenden im Osten, Norden und Westen des Landes ist einer Studie zufolge weiterhin tief. "Die Schere schließt sich nicht. Tendenziell schwächere Regionen haben nicht aufgeholt", sagt Peter Kaiser, Projektleiter des "Prognos Zukunftsatlas 2016". Zwar wächst der Wohlstand in Deutschland, doch eben nicht überall.

"Starke Industrieunternehmen und Dienstleistungen konzentrieren sich auf Bayern, Baden-Württemberg und Hessen und dort vor allem auf die Metropolen", erläutert Kaiser. Lichtblicke gibt es im Norden mit Wolfsburg (5.) und Hamburg (18.), in Nordrhein-Westfalen mit Düsseldorf (21.). Sie landen unter den Top 25 des Rankings der 402 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland.

Zu den Verlierern gehört auch das Saarland. Das Ergebnis "ist nicht so ganz positiv", formuliert Kaiser höflich. Der Regionalverband Saarbrücken fällt gegenüber der Studie von 2013 um 43 Plätze auf Rang 319 zurück und rutscht damit die Gruppe der 96 Regionen, in denen Zukunftsrisiken überwiegen. Zu ihnen zählt auch der Landkreis Neunkirchen, der weitere vier Plätze einbüßt und nur noch Rang 358 belegt. Auch Merzig-Wadern (Platz 297) und St. Wendel (291) sacken ab - um 44 beziehungsweise 50 Plätze. Der Saarpfalz-Kreis (220) und der Kreis Saarlouis (250) halten ihr Niveau im unteren Mittelfeld.

Kaiser sieht einen Hauptgrund für den Negativtrend: "Das demografische Problem ist im Saarland ziemlich extrem", sagt der Prognos-Projektleiter. Insgesamt weniger Einwohner, unterdurchschnittliche Geburtenrate und dazu der Wegzug von jungen Leuten - das mindere die Zukunftschancen drastisch. Saarbrücken schneidet beispielsweise auch bei Wirtschaftsleistung, Arbeitslosigkeit, Patentanmeldung und Verschuldung unterdurchschnittlich ab.

"Wenige Lichtblicke"

"Es gibt relativ wenige Lichtblicke", macht Kaiser kaum Hoffnung. Nur bei dem neu in die Studie aufgenommenen Thema Digitalisierung stehen Saarbrücken und der Saarpfalz-Kreis mit drei Sternen recht gut da. In dieser Gruppe von 125 Regionen lägen sie im besten Drittel. Es gebe aber noch insgesamt 53 Regionen die vier beziehungsweise fünf Sterne erhalten hätten, sagt. Kaiser.

Die größten Zukunftschancen bescheinigt das Forschungsinstitut dem Landkreis München, gefolgt von der Stadt München und der Stadt Ingolstadt. Düster sieht es dagegen für die drei Ost-Landkreise Stendal in Sachsen-Anhalt, Vorpommern-Rügen in Mecklenburg-Vorpommern und Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) aus. Sie sind die Schlusslichter der Studie für das "Handelsblatt".

Im Westen haben neben dem Saarland vor allem Städte im Ruhrgebiet große Probleme. Städte wie Oberhausen oder Duisburg kämpfen seit vielen Jahren mit dem Strukturwandel des einst dank Stahl und Kohle boomenden Ruhrgebiets. Projektleiter Kaiser spricht von einem "Teufelskreis" aus hoher Verschuldung, hoher Arbeitslosigkeit und hohen Soziallasten. In den klammen Stadtsäckeln fehlt Geld zur Finanzierung zum Beispiel von Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder oder Kultureinrichtungen. Das mindert die Attraktivität des Standortes. "Ein Patentrezept zur Lösung demografischer Probleme abgelegener ländlicher Regionen und des Strukturwandels in Altindustrie-Gegenden gibt es nicht", sagt Kaiser. Gering sind der Studie zufolge auch die Zukunftschancen in ländlichen Randlagen fernab der Metropolen - zum Beispiel in Vorpommern oder der Eifel. Es sei denn, die Regionen liegen im erweiterten Speckgürtel einer Großstadt. So belegt der Landkreis Böblingen im Einzugsgebiet von Stuttgart Platz vier unter den Top Ten. Auch im Osten haben sich, so Kaiser, "Städte wie Leipzig, Jena, Dresden und Erfurt haben sich in den letzten Jahren nach vorn gearbeitet".

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