Dillinger Hütte erreicht wieder Gewinnzone

Dillingen · Nach einem dreistelligen Millionenverlust im Jahr 2013 hat die Dillinger Hütte 2014 wieder die Gewinnzone erreicht. Doch für dieses Jahr trüben sich die Aussichten erneut ein. Der Markt für Grobbleche ist am Boden.

Die Dillinger Hütte (DH) ist nach herben Verlusten aus 2013 im vergangenen Jahr wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Doch der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 88 Millionen Euro (nach minus 167 Millionen Euro ein Jahr zuvor) ist alles andere als komfortabel. "Er reicht nicht, um die Kapitalkosten zu verdienen", stellte gestern DH-Vorstandschef Karlheinz Blessing nüchtern fest. 2014 erreichte die Umsatzrendite (Ebit-Marge) 4,4 Prozent, das Ergebnis auf das eingesetzte Kapital (Roce) lag bei 2,8 Prozent. Und das vor dem Hintergrund, dass die DH durch ein Bündel von Maßnahmen rund 145 Millionen Euro eingespart hat. Dazu gehörte auch der Abbau von rund 250 Arbeitsplätzen, wobei es nach eigenen Angaben keine betriebsbedingten Kündigungen gab. Rechnet man die Ersparnisse aus den stark gefallenen Preisen für Eisenerz und Kokskohle dazu, "ergeben sich Einsparungen von mehr als 200 Millionen Euro ", sagte Blessing. "Das sind alles Effekte, die sich so nicht wiederholen lassen."

Auf der anderen Seite sind die Grobbleche, auf die die Dillinger Hütte spezialisiert ist, "zurzeit das schlechte Stahlprodukt überhaupt". Der Markt sei durch Überkapazität und weniger Aufträge gekennzeichnet. Der Verbrauch von Grobblechen (ohne die Rohrbleche für Gas und Öl-Pipelines) sei in der EU seit dem Spitzenjahr 2007 von mehr als 14 Millionen Tonnen auf unter zehn Millionen Tonnen in 2014 gesunken. "Doch die Kapazitäten aus 2007 sind weiter vorhanden", erinnerte Blessing. Daher sei die Auslastung der europäischen Grobblechwerke von 90 Prozent (2007) auf 64 Prozent zurückgegangen. "Die Dillinger Hütte liegt zwar noch über diesem Durchschnittwert", betonte Verkaufsvorstand Günter Luxenburger. "Doch die Auslastung schwankt stark von Quartal zu Quartal." Sorge bereitet auch der Energiemarkt. Wegen der niedrigen Gas- und Ölpreise werde kaum investiert, so dass die Nachfrage nach Rohrblechen für Pipelines am Boden liege. Auf der anderen Seite seien die Importe kräftig gestiegen. "Vor allem Ausfuhren aus China drücken massiv auf den Markt", erläuterte Blessing.

Die asiatischen Hersteller müssten jedoch "nicht die hohen Kosten für Umweltauflagen tragen, die den deutschen und europäischen Stahlproduzenten aufgebürdet werden". Allein die Dillinger Hütte sowie die Rogesa (Betreiber der Hochöfen) und die Zentralkokerei Saar (ZKS) hätten zwischen 2003 und 2014 rund 400 Millionen Euro in den Umweltschutz investiert. An den beiden letztgenannten Unternehmen halten DH und Saarstahl je die Hälfte der Anteile.

Vor diesem Hintergrund warnte der DH-Chef die Politik vor Übertreibungen bei der zukünftigen Ausgestaltung und den Preisen für die Emissionsrechte von Kohlendioxid (CO). Sollte ein Emissionszertifikat in wenigen Jahren 20 Euro pro Tonne CO kosten, "würde das den Gewinn der gesamten saarländischen Stahlindustrie aufsaugen. Für Investitionen wäre dann kein Geld mehr da".

Auch 2015 bleibt der Markt schwierig. Der DH-Chef geht davon aus, dass bei der Grobblech-Produktion wieder 1,82 Millionen Tonnen erreicht werden. Außerdem soll der Umsatz (zwei Milliarden Euro in 2014) stabil bleiben. Es werde auch wieder Gewinn erwirtschaftet. "Doch die Ergebniszahlen werden deutlich unter denen des Jahres 2014 liegen." Die DH müsse ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern und "besser, schneller, flexibler sowie kostengünstiger werden".

Meinung:
Das ist Öko-Harakiri

 Die Dillinger Hütte hofft 2015 auf viele Aufträge. Unser Bild zeigt einen Blick in die Stahl-Weiterverarbeitung. Foto: Dillinger Hütte

Die Dillinger Hütte hofft 2015 auf viele Aufträge. Unser Bild zeigt einen Blick in die Stahl-Weiterverarbeitung. Foto: Dillinger Hütte

Foto: Dillinger Hütte

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid

Mancher mag das Lamento der Stahlindustrie und anderer energieintensiver Branchen nach zu strengen Umweltauflagen nicht mehr hören. Dennoch wäre es fatal, diese Warnungen als Lobbyisten-Geschwätz abzutun. Denn es lässt sich nicht leugnen, dass vor allem die deutschen, aber auch die meisten europäischen Stahlkocher wegen der Umweltauflagen wesentlich teurer produzieren als die Wettbewerber anderswo. Dadurch werden wichtige Schlüsselbranchen an die Wand gedrückt und Hunderttausende von Arbeitsplätzen gefährdet. Weil die Produktion dann anderswo stattfindet, steigt die globale Luftverschmutzung sogar noch. Das ist keine kluge Umweltpolitik. Das ist Öko-Harakiri.

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